Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 128

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sagen – berüchtigten Technologie-Milliarden. Sie erinnern sich auch daran, dass sich die Bundesregierung, ja auch der Bundespräsident erst kürzlich dazu bekannten, die Notwendigkeit einer Schwerpunktsetzung im Bildungs- und Forschungsbereich zu betonen. Eine neue Offensive wurde geplant. Ihr Ziel war es, in Österreich den Anteil der Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt auf einen Standard zu heben, der vergleichbaren europäischen Standards entspricht. Österreich hat, wie Sie wissen, hier einen nahezu letztrangigen Platz eingenommen. (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen.)

Haben wir nicht kürzlich auch gehört, dass Bildung und Wissenschaft die Zukunftschance unserer Jugend und damit unseres Landes ist? – Sie erinnern sich, so hoffe ich. Eine Offensive jagt die andere, und vor lauter Offensiven ist man versucht, zu glauben, die Regierung verstehe sich als schnelle Eingreiftruppe oder wir befänden uns bereits in der NATO. Sie wissen wie ich: Beides entspricht nicht der Wirklichkeit. Es ist für mich schlichtweg ein Problem der Glaubwürdigkeit, wenn nun dort empfindlich gespart werden soll, wo kürzlich noch Schwerpunkte und Offensiven medienwirksam geplant wurden. Ich protegiere nicht das beliebte Florianiprinzip, sondern ich nehme für mich und für alle anderen Österreicherinnen und Österreicher in Anspruch, Politik verstehen zu können und verstehen zu wollen, und Sie können mir glauben: Ich fühle mich im Prinzip dazu in der Lage, wenn die Bedingungen dazu gegeben sind.

Warum trifft der Sparstift die Universitäten, Wissenschaft und Bildung besonders?

Erstens: 80 Prozent aller Forschungsleistungen werden an Universitäten erbracht und daher aus öffentlichen Geldern finanziert. Alle Forschungsfonds – FWF, FFF, die Akademie der Wissenschaften – werden vorwiegend staatlich finanziert. Diese Fonds haben internationale Reputation und spielen in der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Österreich eine herausragende Rolle. Jene 2,4 Milliarden Schilling Einsparungen, die man sich im Wissenschaftsressort erwartet, entsprechen dem vierfachen Budget des österreichischen Fonds der Wissenschaften.

Zweitens: Private Sponsoren und Drittmittel sind in Österreich mit seiner Wirtschafts- und Industriestruktur trotz anderwärtiger Behauptungen nicht in der Lage, den öffentlichen Sektor zu entlasten. Auch private Universitäten, so gut sie manchen hier gefallen mögen – ob nun von McDonalds oder Siemens – werden daher in Zukunft nicht den staatlichen Bildungs- und Forschungsauftrag ersetzen können und, wie ich meine, sollen dies auch nicht.

Drittens: 90 Prozent der öffentlichen Mittel für Universitäten sind durch laufende zweckgebundene Ausgaben fixiert. Die Kürzung der Ermessensausgaben um 2,4 Milliarden Schilling stellt daher den letzten schwachen Rest der Manövrierfähigkeit und die Möglichkeit einer innovativen Schwerpunktsetzung entscheidend in Frage.

Viertens: Fachhochschullehrgänge, Studienprogramme und nicht zuletzt Frauenförderungsmaßnahmen müssen nun um ihre Budgets bangen. Fairness in diesem Bereich ist leider keine Kategorie, auf die ich mich verlassen möchte.

Und nun ein kleiner Tipp: Universitätskliniken haben seit drei Jahren das Arbeitszeitgesetz für Gesundheitsberufe nicht umgesetzt. Die Kosten dafür liegen knapp unter einer Milliarde Schilling. Hier finanziert der Bund auf Kosten des Forschungsbudgets eine den Ländern übertragene Aufgabe der Patientenversorgung. Dies aufzuzeigen, würde aber Mut und Konfliktbereitschaft erfordern.

Herr Bundesminister Edlinger! Ich halte Sie – auch wenn das einige jetzt vielleicht nicht gerne hören – für einen Mann des aufrechten Ganges und sozialer Gesinnung. Ich ersuche Sie daher, die horizontale Sicht des Sparens zu verlassen und sich der Schwerpunktsetzung der Regierung wie auch Ihrer Partei zu erinnern. Es ist nämlich richtig, dass Bildung und Wissenschaft eine Investition in die Zukunft sind. Aber auch Vertrauen und Glauben in politische Programme sollte man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, denn sie sind eine Investition in die Wähler. (Beifall bei den Grünen.)

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