Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 162

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Debattenbeitrag des Herrn Abgeordneten Kräuter nahtlos dort fortgesetzt hat, wo Herr Kollege Posch und andere Abgeordnete im der betreffenden Sitzung des Verfassungsausschusses begonnen haben.

Das, was in der besagten Ausschusssitzung als "Verhaiderung Österreichs" bezeichnet worden und mit anderen Schlagworten vertreten worden war, haben Sie, Herr Kollege Kräuter – dankenswerterweise nunmehr zwar nicht in der gleichen Terminologie, aber im selben Geist und mit dem gleichen Inhalt – weiter ausgeführt.

Ich frage mich: Wohin ist die Sozialdemokratie gekommen? – Angesichts der heutigen Debatten um die vorliegenden Gesetze, die auf der Tagesordnung stehen, und um die Bemühungen um Valorisierungen für verschiedenste Bevölkerungsgruppen ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass jemand, der grob gesprochen 100 000 S verdient und eine Valorisierung von 0,6 Prozent statt einer solchen von 3,3 Prozent, wie vom Rechnungshof vorgeschlagen, erhält, sich hier und heute mit einer derartigen Rede zu Wort meldet wie Sie, Herr Kollege Kräuter.

Sie haben offensichtlich vergessen, dass Sie hier und heute mit dem Anpassungsfaktor von 0,6 Prozent eine Erhöhung des Karenzgeldes für Frauen um "satte" 34 S gleich mit in Gang gesetzt haben. Sie haben vergessen, dass Sie heute 135 S für Leute, die ihr Leben lang gearbeitet haben und die seinerzeit zumindest an der Grenze oder in der Nähe der Höchstbemessungsgrundlage eingezahlt haben – bis 22 500 S –, beschlossen haben. Sie haben heute auch für die Beamten Erhöhungen beschlossen, die ebenfalls deutlich unter dem liegen, was wir Politiker bekommen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir es ernst nehmen, dass die Politik für die Rahmenbedingungen in einem Staate zuständig ist, so haben wir meiner Ansicht nach überhaupt kein Recht, angesichts dieser Rahmenbedingungen, für die wir verantwortlich sind, nämlich für jene des Budgets dieser Republik, das bereits ins Uferlose geht, das, wenn man die Reden des Finanzministers, aber auch jene der anderen aus diesem Bereich der Regierungsparteien anschaut, nahezu unfinanzierbar geworden ist, sodass der drittreichste Staat Europas, der siebtreichste Stadt dieser Welt keine den sozialen Verhältnissen angepasste Erhöhung für breite Bevölkerungsschichten durchsetzen kann, mit der Erhöhung für uns selbst, also für jene Kaste, die diese Rahmenbedingungen verabschiedet hat, nicht zufrieden zu sein, weil wir beim Gehalt in entsprechender Form zurücksteigen, jedoch immer noch deutlich besser – zumindest in den Realerhöhungen, nicht in den Prozenterhöhungen – abschneiden als viele jener Bevölkerungsgruppen, für die heute ebenfalls entsprechende Anpassungen beschlossen worden sind.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kräuter! Viele Sozialdemokraten, die die Zweite Republik mitaufgebaut und der Sozialdemokratischen Partei auch über den 3. Oktober 1999 hinaus die Stange gehalten haben, werden, so glaube ich, wenn Sie Ihre Rede nachlesen, zu dem Schluss kommen, dass sich die Sozialdemokratie und ihre Funktionäre – zumindest in Ihrer Person, Herr Abgeordneter Kräuter – deutlich und klar von den Zielsetzungen ihrer Gründerväter verabschiedet haben. Dies ist in dieser Republik selten so transparent geworden wie durch die heutige Debatte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir Politiker unsere Verantwortung für die Rahmenbedingungen in diesem Staat ernst nehmen wollen, so haben wir auch zur Kenntnis zu nehmen, dass wir, sollten wir Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und für die Menschen schaffen, die für einen Staat mit einem Bruttoinlandsprodukt, wie wir es erwirtschaften, nicht geeignet sind, in unserem ureigensten Bereich zurückstecken müssen, um noch als positiv betrachtet zu werden. Alles andere ist für die Menschen außerhalb dieses Hohen Hauses weder nachvollziehbar, noch wird es von ihnen vertreten. Und jeden, der glaubt, sich über die Wünsche und Vorstellungen der Menschen in unserem Staate ungestraft hinwegsetzen zu können, wird an der Urne der Zorn des Wählers, meiner Ansicht nach mit Berechtigung, einholen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.14

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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