Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 30

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unterschreiben. Das ist mangelnde Fairness, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist mangelnde Fairness, das ist auch mangelnde Paktfähigkeit. Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber nur mit einem Partner, bei dem wir die Sicherheit haben, dass er auch paktfähig ist. Zur Erneuerung, meine Damen und Herren – und das war das Signal des Wählers am 3. Oktober –, zur Erneuerung gehören zwei Dinge: erstens der politische Wille – den unterstelle ich Herrn Bundeskanzler Klima – und zweitens auch die politische Kraft, es umzusetzen. Und die hat er leider nicht gehabt. (Beifall bei der ÖVP.)

Rekapitulieren wir ganz kurz. Es waren letztlich drei Fakten:

Mangelnde Fairness: Wenn wichtige Verhandler nicht unterschreiben und sich nach wochenlangen Verhandlungen de facto vom Ergebnis der Verhandlungen distanzieren, dann ist das nicht fair.

Zweitens sollten wir festhalten: Es war der Herr Bundeskanzler, der im Fernsehen erklärt hat: Die Verhandlungen sind beendet. Nicht etwa der Herr Vizekanzler hat erklärt: Wir verhandeln nicht weiter!, es war der Herr Parteivorsitzende Klima, der gesagt hat: Die Verhandlungen mit der ÖVP sind gescheitert! – Lassen wir keine Geschichtsfälschungen aufkommen, Herr Präsident Verzetnitsch, weil Sie mich gerade so anschauen. Es war der Herr Bundeskanzler, der SPÖ-Parteiobmann, der das gesagt hat! (Beifall bei der ÖVP.)

Als drittes Faktum: Es lässt sich nicht leugnen – jeder kann sich das Tonband des "Mittagsjournal" vom 11. Jänner anhören –, es war der Vorschlag des Herrn Finanzministers, das gesetzliche Frühpensionsalter um zwei Jahre anzuheben. Welche Chancen soll eine Minderheitsregierung haben, wenn nicht einmal die eigene Gewerkschaftsfraktion das mitträgt, was Ihr Finanzminister vorschlägt, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP.)

Für uns ist Politik Zukunftsgestaltung. Es ist das Gegenteil von Zukunftsgestaltung, wenn die eigenen Parteifreunde nicht bereit sind, wichtige, für die soziale Sicherheit, für die Stabilität des Landes wichtige Zukunftsfragen mitzutragen, meine Damen und Herren! Angesichts dessen mussten wir leider sagen: Unter diesen Voraussetzungen können wir mit diesem Partner nicht weiterarbeiten, mit dem wir auch – das gebe ich durchaus zu – sehr erfolgreiche Etappen der Zusammenarbeit hatten. Herr Kollege Cap, ich bin Ihrer Meinung: Wir haben sehr erfolgreiche Etappen gehabt! Und eines, Herr Kollege Scheibner, muss ich schon sagen: Ein Scherbenhaufen wird hier nicht hinterlassen. Das möchte ich schon sehr deutlich sagen. (Abg. Scheibner: 63 Milliarden Schilling an Budgetabgang sind aber auch nicht gerade eine Spitzenleistung!)

Wir haben sehr erfolgreiche Etappen gehabt, wir haben aber auch Tiefen gehabt. Und jetzt hat uns das Faktum, dass nach wochenlangen Verhandlungen einfach die politische Kraft nicht vorhanden war, dazu bewogen, zu sagen, wir ergreifen eine andere Chance. Jede Chance ist auch ein Risiko – das wissen wir. Im Interesse des Landes sind wir bereit, Verantwortung zu übernehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

9.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

9.42

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Mitglieder der Noch-Bundesregierung! Hohes Haus! Es ist schon erstaunlich, einmal in aller Offenheit diese Töne und diese Vorwürfe zu hören, die es ja eigentlich seit Jahren – zumindest hinter den Kulissen – gab. Nur hier im Hohen Haus wurde immer Einigkeit vorgespielt.

Sie, Herr Finanzminister, haben gesagt, Sie gingen davon aus, das Scheitern dieser Gespräche sei geplant gewesen. In der Tat, denke ich, sind es wohl nicht nur Insiderinnen und Insider der Politik, die sich dieses Eindrucks nicht erwehren können. Allein – in aller Offenheit, Herr Finanzminister – an der Entwicklung, in deren Verlauf es so weit kommen konnte, dass offenbar nur verhandelt wurde, um möglichst nicht den schwarzen Peter zu haben, entweder Neuwahlen vom


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