Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 31

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Im Tourismus hat eine Stornowelle begonnen. Nach der Absage erster Schulschiwochen überlegt Belgien, alle Schulschikurse in Österreich abzusagen. Erste Charterflüge mit österreichischen Unternehmen sind storniert worden. Eine französische Investorengruppe hat ihren Aufenthalt in Igls abgesagt. Die Stadt Schärding wurde von einer Ferienmesse in Belgien, die am 19.2.2000 beginnt, ausgeladen. Österreichische Teilnehmer sind ,unerwünscht‘.

Ferdinand Posnik, Chef der Kärntner Werbung/Tourismus, wagt es noch nicht auszusprechen, welche Auswirkungen die Regierungsbeteiligung der FPÖ und ein dadurch ausgelöster Boykott der übrigen EU-Staaten auf den Tourismus haben könnte. Karl Seitlinger, Tourismusdirektor in Wien, macht sich Sorgen um das internationale Ansehen Österreichs. ,Wenn die künftige Regierung so mit ihren PR-Fehlern weitermacht, werden wir sicherlich deutliche Buchungsrückgänge sehen.‘ Im Wien-Tourismus werden bereits Stornowellen befürchtet. Die Salzburg Land Tourismus GmbH (SLTG) ist bereits mit Stornos aus Deutschland und der Schweiz konfrontiert. Im Pinzgau steht, so SLTG-Geschäftsführer Martin Uitz, die Absage von israelischen Reisegruppen (insgesamt 15.000 Nächtigungen) ins Haus. Er müsse auch immer wieder hören: ,In euer Land kommen wir nicht mehr, wenn ihr den Haider wählt.‘ Weit schlimmer als die Stornierungen sei aber der Imageschaden. Dieser brauche zehn bis 20 Jahre, bis er repariert wird.

,Schwere wirtschaftliche Einbrüche befürchtet die ,Königsdisziplin‘ des Tourismus, die Kongresswirtschaft. Sie setzt jährlich acht Milliarden Schilling um. ,Wir sind bereits mit Boykottandrohungen konfrontiert‘, erklärt Dachverbandspräsident Georg Lamp. Österreich liegt unter den Top-ten-Kongressländern. Kongressbesucher geben im Schnitt 5000 Schilling pro Tag aus, ,Durchschnittstouristen‘ nur 1000.

Erste Delegationen sagen die Teilnahme an internationalen Kongressen ab März 2000 in Österreich ab. Congress Innsbruck hat den Tropenärztekongress mit 2500 Teilnehmern verloren.

Günther Baurecht, Chef der ,Solstar‘-Brillenerzeugung in Hartberg, Gleisdorf und Spittal/Drau, ist bestürzt: ,Die negativen Reaktionen meiner Kunden – großteils Schmuck-Konzernchefs aus den USA und Kanada – mehren sich. Einer stellte bereits klar, dass unsere Sonnenbrillen nicht mehr den Stempel ,Made in Austria‘ tragen dürfen. Das ist die traurige Realität. Eine rasche Entspannung ist nicht abzusehen‘, sieht der Unternehmer mit 90 Prozent Exportquote die Zukunft schwarz.

Die PR-Expertin Gabriela Walsch stellt dem politischen Establishment in Österreich eine Minus Fünf in der Kommunikation aus: ,Es wurde unprofessionell gehandelt und damit alles verloren. Es wird wahrscheinlich zehn Jahre dauern, um das wieder gutzumachen.‘

Die Regierung Schüssel hat es damit geschafft, Österreich noch vor der Regierungserklärung wirtschaftlich schwer zu schaden.

Alles deutet darauf hin, dass der wirtschaftliche und politische Schaden voraussehbar waren, der österreichische Außenminister und seine Staatssekretärin über alle notwendigen Informationen verfügten und den Schaden bewusst in Kauf nahmen. Um zu klären, warum und wie weit der damalige Außenminister und heutige Bundeskanzler für die Verwirklichung seiner Kanzlerschaft schweren Schaden für Österreich in Kauf genommen hat, richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler folgende

Anfrage:

Wirtschaftlicher Schaden

1. Wie hoch sind die Ihnen bekannten Schäden, die Betrieben vom Tourismus bis zur Fahrzeugproduktion durch Reaktionen auf die FPÖ/ÖVP-Regierungsbildung entstanden sind?

2. Werden Sie dort, wo die Existenz von Betrieben oder die Beschäftigung von Mitarbeitern gefährdet ist, Mittel aus dem Budget zur Verfügung stellen?


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