Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 47

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Österreich ist in einer traurigen Situation, weil es nicht so wie in anderen Demokratien üblich einen Wechsel zwischen Regierung und Opposition geben kann, der reibungslos über die Bühne geht, weil leider – leider!  – in Österreich nicht alle Parteien über eine international zweifelsfreie demokratische Anerkennung verfügen. Und dies macht den demokratischen Machtwechsel in Österreich so schwierig.

Über die Freiheitliche Partei sagen nicht Sozialdemokraten, sondern Konservative oder Christdemokraten in Europa: Eine anständige christlich-demokratische und konservative Partei dürfe mit den rechten Schmuddelkindern um Haider nichts zu tun haben, wie das das CDU-Mitglied Arendts formuliert hat. Oder die Präsidentin des Europäischen Parlaments – im Übrigen eine europäische Konservative – sagt, die Partei von Jörg Haider transportiere eine Ideologie, die den Gegenpol der humanistischen Werte darstellt, die jeder demokratischen Gesellschaft zu Grunde liegen.

Wenn solche Auffassungen über eine der in Österreich im Parlament vertretenen Parteien in Europa bestehen, dann darf man sich nicht darüber wundern, dass ein Aufschrei durch Europa und die Welt geht, wenn eine solche Partei in Österreich an die Regierung kommt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Niemand in Österreich kann und darf sich über die Reaktionen der Europäischen Union und der internationalen Staatengemeinschaft freuen, denn diese Reaktionen werden natürlich für Österreich eine schwere Belastung darstellen. Aber die Frage ist doch die: Waren diese Reaktionen vorhersehbar und abwendbar?

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie uns erzählen wollen, Sie haben das nicht vorhergesehen, dann stelle ich die Frage: Was haben Ihnen die Gespräche am Rande der EU-Gipfel gesagt? Was haben Ihnen die verschiedenen Gespräche mit dem Herrn Bundespräsidenten gesagt über dessen Gespräche mit Aznar und Chirac? Was haben Ihnen die Gespräche mit dem deutschen Exbundeskanzler Kohl gesagt? Was haben Ihnen die Ankündigungen des deutschen Außenministers Fischer gesagt? Und so weiter und so fort. Sie können sich doch nicht ernsthaft hier im österreichischen Parlament herstellen, obwohl Sie über einen großen diplomatischen Apparat mit Botschaften in allen EU-Ländern verfügen und ständig mit europäischen Staatsmännern in Kontakt stehen, und sagen: Für mich war das alles überraschend. Ich habe das leider nicht vorhergesehen. – Es tut mir Leid, Herr Bundeskanzler, das ist nicht glaubwürdig! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Welches Bild geben wir in der Welt ab? Können wir uns darüber freuen, dass die gesamte zivilisierte Welt protestiert und andererseits Solidaritätskundgebungen in Rom stattfinden, organisiert von den italienischen Faschisten, in Frankreich stattfinden, organisiert von der rechtsradikalen Front Le Pens? Das ist die erste Reihe der Solidarität mit Österreich, während sich die zivilisierte Welt von uns abwendet. Können wir uns über ein solches Bild Österreichs freuen? Oder ist nicht, Herr Kollege Dr. Khol, Anlass zur Traurigkeit in diesem Land gegeben? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Für die SPÖ!)

Ich weiß nicht, mit wem Sie in der Wirtschaftskammer gesprochen haben, Herr Bundeskanzler, und ich weiß nicht, auf welcher empirischen Grundlage Ihnen Informationen gegeben werden, aber mir liegt zum Beispiel ein Fax einer amerikanischen Firma an die Wirtschaftskammer vor, in dem ein Nachfahre eines Holocaust-Opfers, der ein wichtiger Geschäftsmann ist, ankündigt, dass er seine Geschäfte mit Österreich einstellen und alle seine Kollegen auffordern wird, dasselbe zu tun, weil er es nicht für richtig hält, dass hier eine Partei mit antisemitischem Charakter an der Regierung ist. Angesichts dessen weiß ich nicht, wer Ihnen die Informationen in der Wirtschaftskammer gibt, wenn Sie taxfrei behaupten, es gäbe keinen wirtschaftlichen Schaden für Österreich. Das ist naiv, Herr Bundeskanzler, und das können Sie im Hohen Haus nicht behaupten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde unserem Land in der Tat großer Schaden zugefügt. Es wurde bereits darauf hingewiesen: Die Zeche zahlen nicht die Mitglieder der Bun


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