Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 57

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

16.47

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte zunächst bei den Ausführungen des Kollegen Schieder anschließen, den ich auch als aufrechten Europäer ansehe. Ich möchte jedoch auch Ihnen abringen, dass das, was passiert ist, Herr Kollege Schieder, ein europäischer Schauprozess ist, der kein Maß und kein Ziel mehr hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn man die Sanktionen, die Österreich gegenüber verhängt wurden, näher betrachtet, sieht man doch, dass das eine Einmischung in innere Angelegenheiten ist, die in der Art und Weise noch nicht stattgefunden hat: ein Urteil, ohne ein Programm gesehen zu haben, die Erklärung einer Präsidentschaft für 14, die es eigentlich nicht gibt – und eine Erklärung von Staats- und Regierungschefs ohne Einbindung der Außenminister.

Ich darf dazu festhalten: Auch Staats- und Regierungschefs sind nicht die Herren Europas, sondern nur die Vertreter von parlamentarischen Demokratien, die in der Europäischen Union beheimatet sind. Das dürfen wir aus prinzipiellen Gründen nicht hinnehmen und auch nicht einreißen lassen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! So wie dieser europäische Schauprozess gegen Österreich geführt wird, führen wir heute offensichtlich diesen Schauprozess im Inland. Ich möchte auch der grünen Fraktion, die oft für Grundsätze gekämpft hat – auch in der Vergangenheit –, die nicht immer angenehm waren, zu bedenken geben, dass das, was sie als hohe Ziele festgehalten hat, auch von ihr heute in ihren Beiträgen mit Füßen getreten wird.

Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es doch klar ist und klar sein muss, dass erstens die demokratische Willensbildung immer nur in dem Land stattfinden muss, in dem eine Regierung zu bilden ist, und diese nicht von außen oktroyiert werden kann. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das steht hier nicht zur Debatte!) Ich habe kein Wort von Ihnen gehört, dass Sie diesem Grundsatz heute in irgendeiner Weise Rechnung getragen hätten. Das weise ich mit aller Entschiedenheit zurück! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte dabei auch an die Sozialdemokraten appellieren: Demokratie und das demokratiepolitische Verständnis von Politikern sind nicht vereinbar damit, dass man sagt, es gibt nur eine Regierung unter Beteiligung einer Partei. Das kann nicht sein! Auch wenn es schwer fällt, den Abschied von der Macht nach 30 Jahren im Bundeskanzleramt hinzunehmen: Haben Sie die Größe, dazu zu stehen und diese demokratische Willensbildung zur Kenntnis zu nehmen! Ich appelliere wirklich eindringlich an Sie!

Zweiter Punkt: Sie haben heute viel von Vorverurteilungen gehört. Es ist leider eine Tatsache: Sie haben eine Regierung vorverurteilt, die noch nicht einmal angelobt war. Sie haben einen Außenminister schon in das Parlament zitieren wollen, der noch gar nicht Bundeskanzler war, und Sie haben einen Misstrauensantrag angekündigt, bevor irgendeine Maßnahme, irgendein Programm der Öffentlichkeit vorgestellt worden war. Ich halte das unter den Gesichtspunkten, die Sie vertreten, dass man nämlich auch gegenüber einer neuen Regierung keine Vorurteile haben soll, für nicht vertretbar. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stoisits: Das sind ja leider keine Vorurteile!)

Dritter Punkt. Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zu einem wirklich interessanten Punkt, der Ihre Schuldzuweisung betrifft, und zwar die Schuldzuweisung, dass der frühere Außenminister und jetzige Bundeskanzler das Wissen gehabt hat, dass all das folgen wird. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja wenn nicht, dann ...!) Meine Damen und Herren! Das Wissen um die Vorgänge, die auf uns zukommen – ich glaube, diesbezüglich sind Sie völlig fehl unterwegs.

Es liegt uns mittlerweile eine Information von einem Sitzungsteilnehmer dieses Forums über den Holocaust in Stockholm vor. Dieser Sitzungsteilnehmer hat uns Erschütterndes mitteilen


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