Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 64

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Was ist das für eine "Kleinigkeit", wenn unser Bundespräsident auf eine Präambel zur Regierungserklärung drängen muss, in der die Selbstverständlichkeiten des Humanismus und die Grundprinzipien politischer Redlichkeit wiederholt werden? Es gibt fortlaufende Peinlichkeiten, wenn Geschichte gedeutet wird. Das "Es ist mir nicht bewusst" schlägt sich mit dem Begriff des vollen Bewusstseins. So wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, denn als ein Wissender in die Geschichte einzugehen, und das ist wiederum kein überirdisches Ereignis.

Verschwörungstheorien treten an die Stelle von selbstkritischen Analysen, und all jene, die Ihnen applaudieren, stellen Sie in den sehr engen Rahmen zwischen – wir haben es heute mehrfach gehört – den verirrten Gutmenschen, jenen, die zu blöd sind, Sie zu kapieren, und Terroristenbünden. Ist das das neue Bündekonzept der ÖVP, mit dem sie ohnehin seit Jahren Schwierigkeiten hat? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Man braucht nicht Wissenschaftssprecher zu sein, um festzustellen (Abg. Kiss: Sind Sie das?), dass sich die These der globalen Intelligenz und Gesinnungslosigkeit des politischen Gegners nicht verifizieren lässt, vorausgesetzt, man ist bei vollem Bewusstsein.

Ist es eine "Kleinigkeit", wenn sich der Bundespräsident bemüßigt fühlt, allen wichtigen Staatsoberhäuptern einen Brief zu schreiben (Abg. Kiss: Haben Sie das selbst verfasst?), wenn er erklärt, dass er in Österreich auf die Menschenrechte und Ihnen auf die Fingern schauen wird? – Herr Kollege Kiss, kluge Gedanken äußern sich oft im Stillen. Aus Ihrer Lautstärke kann ich Schlüsse ziehen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kiss: Ich habe Sie ja nur gefragt, ob Sie so etwas selbst verfasst haben!)  – Ich habe so etwas selbst verfasst, ich lasse meine Reden nicht aufsetzen, Herr Kollege. (Abg. Edlinger: Sehr treffend!)

Sie werden sich fragen, Herr Bundeskanzler, wie gerecht eine Welt ist, in der sich solche Zufälle als Schicksalsschläge ereignen, und wie bösartig eine Gesellschaft ist, die hinter Ihren Handlungen keinen genialen Plan, wohl aber eine recht zweifelhafte Strategie entdeckt. Die Sätze "Das habe ich nicht gewusst und nicht geahnt und nicht geglaubt!" und "Wenn ich das nur gewusst hätte!" sind uns aus jüngster Vergangenheit bekannt. Ein Zurück- und Vorausdenken aber ist Teil des Pflichtenkataloges.

Die letzte "Kleinigkeit" noch: Wie können Sie erklären, dass Herr Präsident Prinzhorn zwar vom Herrn Bundespräsidenten aus triftigen Gründen als Minister abgelehnt wurde, jedoch mit den Stimmen Ihrer und – das muss ich fairerweise auch sagen – einer anderen Partei als qualifiziert genug für dieses Hohe Haus angesehen wird? (Abg. Dr. Martin Graf: Er wurde mit Mehrheit gewählt!) Wie beantworten Sie diese "absurde", mit akkordierter Tücke gestellte Frage, falls sich Ihre Kritiker im In- und Ausland das zu fragen überhaupt trauen?

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, bitte um Ihren Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (fortsetzend): Herr Bundeskanzler, ich ersuche Sie eindringlich: Halten Sie uns nicht alle für dumm, unanständig und bösartig, die wir diesen Weg mit Ihnen nicht gehen wollen! Und seien Sie versichert: Ich und viele andere werden es Ihnen danken (Abg. Dr. Khol: Das ist schon der zweite Satz!), wenn der Schatten, den Sie werfen werden, kürzer wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kiss: Die Vorwürfe in den letzten Sätzen werden Ihnen nicht gerecht!)

17.19

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Elisabeth Pittermann. – Bitte.

17.20

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Kiss und Dr. Khol sowie Dr. Grünewald. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Am Wort ist jetzt Frau Abgeordnete Pittermann!


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