Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 65

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Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (fortsetzend): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Nicht zu erkennen, dass eine Regierungsbeteiligung der FPÖ zu internationalen Reaktionen führt, zeigt, dass das Außenministerium seit Jahren von Politikern geleitet wird, die sich wenig um Außenpolitik gekümmert haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Mit der SPÖ hätte es niemanden gestört!)

Schon im Hauptausschuss war die Hilflosigkeit der jetzigen Frau Bundesministerin offensichtlich. Dass der frühere Bundesminister die laut formulierten Sorgen seiner Amtskollegen nicht verstand, beweist die Wunschvorstellung, dass derartige Proteste bestellbar sind.

Über APA-Meldungen verbreitete Äußerungen Israels zeigen uns, welches Entsetzen, welche Erinnerung diese Regierung hervorruft. Rassismus, Xenophobie und Antisemitismus führten zu den größten politischen Verbrechen, zum größten Leid, das je über Menschen gebracht wurde.

Von "F"-Seite wird verharmlost: Es sei Vergangenheit, man sei voller Unschuld. – Die Opfer und ihre Nachkommen sehen das jedoch anders. Für sie sind das Wecken derartiger Emotionen zur Stimmenmaximierung und zum Salonfähig-Machen von Rassismus eine tödliche Bedrohung, daher kann niemand diese FPÖ salonfähig machen.

Sosehr ich bedauere, dass Österreich international geächtet wird – und das nicht nur in politischer Hinsicht: laufend werden internationale medizinische Kongresse storniert und verlegt –, sosehr ich mich vor den wirtschaftlichen Folgen, die in erster Linie Ärmere und Schwächere treffen, fürchte, so sehr beruhigt es mich als eine von jenen, deren Familie durch die Shoah bitteres Leid widerfuhr, dass diesmal die Welt früher reagiert. Die Frage meiner Kindheit war nicht nur: Wieso können sich normale Menschen in derartige Mordbestien verwandeln, wie kann jedes Gefühl für Menschlichkeit und Recht abhanden kommen?, sondern auch: Warum wurde dem von der menschlichen Gemeinschaft nicht rechtzeitig Einhalt geboten?

Was einmal wirklich war, bleibt ewig möglich! – Das sagte ein Rabbiner nach der Vertreibung und Vernichtung spanischer Juden durch die Inquisition. Adorno äußerte Gleiches über die Shoah. Wachsamkeit ist angesagt, damit die Grundübel Rassismus, Xenophobie und Antisemitismus nie mehr toleriert werden!

Dass die ÖVP Antisemitismus bestens zu nutzen wusste, ist mir bekannt. (Abg. Kiss: Die SPÖ nicht?)  – Sie verbreitete, dass mein Vater Jude sei, um ihm zu schaden. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel. ) Erst kürzlich wurde ich gefragt, warum er nie dementierte. – Klaus hingegen war ein "echter Österreicher".

Der frühere österreichische Botschafter in Israel wurde als Affront des damaligen Außenministers gegen Israel empfunden.

Ein Aufarbeiten unserer Geschichte wäre reinigend. Man kann nicht gleichzeitig erstes Opfer gewesen sein, den Zweiten Weltkrieg verloren haben und von den Alliierten besetzt worden sein.

Die anrüchigen Aussagen des Obmannes der Freiheitlichen und seiner Mitkämpfer vermitteln das gleiche Bild. Um nur eine zu zitieren: Na ja, Vertreibung, Tod, menschenrechtswidriges Verhalten sollte ja wohl nicht von der ethnischen Zugehörigkeit abhängig sein. (Abg. Kiss: Jede Ihrer Reden lesen Sie herunter!) Jeder von uns weiß, was die Menschen jüdischer Abstammung durchgemacht haben, jeder weiß auch, was die Heimatvertriebenen durchgemacht haben – und da möchte ich nicht beurteilen, was schlimmer ist. – Zitatende.

Die bisherigen Demonstrationen verliefen zum Großteil friedlich. Pflastersteine und Tränengas gegen Menschen sowie der erste tote Freiheitskämpfer der Zweiten Republik waren im Jahre 1965 die Taten Rechtsextremer; ebenso gewalttätig waren die Südtirol-Terroristen. Die heutigen Demonstranten wollen friedlich vermitteln, dass es ein anderes Österreich gibt. (Zwischenruf des Abg. Jung. )


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