Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 12

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Daher haben wir auch das an sich Selbstverständliche in einer gemeinsamen Erklärung zum Regierungsprogramm festgelegt, und diese Präambel könnte, richtig verstanden, auch ein Angebot für einen neuen gesellschaftlichen Grundkonsens sein.

Hohes Haus! Mit Beginn dieses neuen Jahrhunderts hat sich auch die politische Landschaft in Österreich verändert: Die Wähler haben sich am 3. Oktober für einen Wandel entschieden. Es gibt erstmals drei annähernd gleich große Parteien in unserem Lande. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Zwei davon haben sich zu einem gemeinsamen Bündnis gefunden. – In der Demokratie muss ein friedlicher Wandel möglich sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Grundverständnis der parlamentarischen Demokratie gehört es, Wahlergebnisse anzuerkennen. Der Machtwechsel, der in diesen Tagen erfolgte, ist legitim. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da die Sozialdemokraten Koalitionsgespräche mit der Freiheitlichen Partei ausgeschlossen haben und allein keine stabile Regierung zustande gebracht hätten, wären Neuwahlen in absehbarer Zeit unausweichlich gewesen. Deshalb hat die Österreichische Volkspartei die Einladung der SPÖ zu einer möglichen Bildung einer neuen Regierung angenommen, und wir haben ernsthaft daran gearbeitet (Ruf bei der SPÖ: Ernsthaft wirklich nicht!), das bisherige Bündnis auf eine neue Basis zu stellen. Dieser Versuch ist aber gescheitert.

Um die Regierbarkeit unseres Landes nicht zu gefährden – die einzige Alternative wäre die Auflösung des gerade neu und demokratisch gewählten Nationalrates gewesen (Abg. Parnigoni: Das hättet ihr euch aber nicht getraut!)  –, hat die ÖVP, nach dem Abbruch der Gespräche durch die SPÖ, Verhandlungen mit den Freiheitlichen aufgenommen und ein Koalitionsabkommen geschlossen.

Auf Basis dieses gemeinsamen Programms von ÖVP und Freiheitlichen hat Bundespräsident Dr. Thomas Klestil mich mit der Führung dieser Regierung beauftragt und auf meinen Vorschlag diese neue Regierung angelobt. (Ruf bei der SPÖ: Ohne Regierungsbildungsauftrag, bitte!)

Meine Damen und Herren! Ich werde dieses Amt des Bundeskanzlers der Republik Österreich mit höchster Sensibilität und Verantwortung gegenüber den Menschen in diesem Land ausfüllen, denn diese Regierung hat einen Auftrag vom Volk. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Diese Regierung von ÖVP und FPÖ verfügt mit 104 Mandaten über eine Mehrheit und damit über einen soliden Rückhalt im Nationalrat. Und diese Unterstützung ist auch notwendig, um jene Reformen und gesetzlichen Maßnahmen umzusetzen, die für Österreich zukunftsentscheidend sind.

Hohes Haus! Wir stehen vor echten Herausforderungen. Unsere lokale Welt verändert sich zu einer globalen Gesellschaft, und wenn wir international mithalten und die österreichische Erfolgsgeschichte fortschreiben wollen, dann müssen wir vieles erneuern.

Auch wenn ich zu Beginn meiner Rede ein sehr positives Bild der Situation Österreichs gezeichnet habe: Es werden doch konsequente Reformschritte notwendig sein, um in Zukunft das Gute zu bewahren, aber auch das notwendige Neue zuzulassen und zu gestalten.

Viele erstarrte Strukturen müssen aufgebrochen werden. Wir brauchen weniger Vorschriften und mehr Freiheit. Der Staat muss schlanker, die Verwaltung effizienter werden und näher zum Bürger rücken.

Wir wollen die Wirtschaft von bürokratischen Fesseln befreien, Proporz und Parteibuchwirtschaft abschaffen und den Menschen mehr Mitentscheidung geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Wie in Niederösterreich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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