Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 13. Sitzung / Seite 50

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Jeder private Schritt wird verfolgt, jede Äußerung auf die Waagschale gelegt. Die private und die berufliche Vergangenheit werden in den Medien penibel ausgebreitet. Sogar voyeuristisch, meine Damen und Herren, wird nach Fehlern, Ungeschicklichkeiten und Pannen geforscht, um daraus eine Schlagzeile zu machen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer.  – Abg. Dr. Niederwieser: Ist das erst jetzt so? War das bei uns nicht so?) Bedauerlicherweise sind nämlich positive Aspekte wie Kompetenz, Persönlichkeit, fachliche Leistung nicht wirklich eine "G’schicht’", für die sich die Medien interessieren, und daher werden Regierungsmitglieder auch in Zukunft – bedauerlicherweise, Herr Minister – diesem mörderischen Druck ausgesetzt sein.

Vorwürfe der Opposition sind dabei an der Tagesordnung. Der Vorwurf der Parteilichkeit gegenüber Bundesminister Böhmdorfer ist aber derzeit nicht gerechtfertigt, denn allein, dass er die FPÖ rechtsfreundlich vertritt, ist noch nicht Parteilichkeit in seinem Amt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich erinnere daran, dass Justizminister Broda – das ist vielleicht ein Grund dafür, dass heute noch nicht so viel von Parteilichkeit die Rede war – ein SPÖ-Advokat war, und dieser SPÖ-Minister hatte damals die Causa Androsch über. Dass damals nichts geschah, obwohl etwas geschehen musste, ist allen noch hinlänglich in Erinnerung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Weisungs-Minister!)

Eigenartigerweise gab es damals Weisungen, dass nichts zu geschehen habe. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Weisungs-Minister war das!) Genau diese Untätigkeit, nämlich dass bei einem politischen, sage ich jetzt einmal, prominenten "Delinquenten" – unter Anführungszeichen – die Justiz untätig ist, ist mir eingefallen, als ich gestern gelesen habe: Schmidt – kein Strafverfahren. Die Staatsanwaltschaft Wien hat der Oberstaatsanwaltschaft empfohlen, das Strafverfahren gegen Heide Schmidt im Zusammenhang mit der Finanzkrise im LIF einzustellen. (Abg. Dr. Niederwieser: Sagen Sie jetzt, dass Frau Schmidt eine Delinquentin ist? Frau Kollegin, sagen Sie, dass die Frau Schmidt eine Delinquentin ist?) Begründung: Die sich geschädigt fühlenden Wiener Liberalen hätten so oder so mitzahlen müssen. – Aus meiner Sicht ist dies eine juristisch sehr bedenkliche Begründung. Ich gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft sie auch anders formuliert hat; medial wurde sie eben so aufbereitet.

Ich bin überzeugt davon, dass sich Bundesminister Böhmdorfer ganz genau anschauen wird, ob diese Einstellung gerechtfertigt ist oder nicht – es geht immerhin um die rechtswidrige Verwendung von Parteimitteln und Steuergeldern beziehungsweise um ungerechtfertigt abgegebene Unterschriften. Und Prominenz darf kein Grund für die Einstellung sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich erwähne das hier – hier im Hohen Hause! –, damit man Minister Böhmdorfer, sollte er in diesem Fall Korrektheit fordern, nachher von Ihrer Seite her nicht vorwirft, dass das eine politische Weisung gewesen sei. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich glaube nämlich nicht, dass in diesem Fall eine Einstellung gerechtfertigt ist.

Kollege Jarolim hat unsere Vorschläge bezüglich der geplanten parlamentarischen Kontrolle der Staatsanwälte kritisiert. Präsident Matousek, der Präsident der Staatsanwälte, hat natürlich diese geplante Kontrolle auch kritisiert – für ihn als Standesvertreter ist das aus meiner Sicht gerechtfertigt. Aber: Hätten wir bereits eine parlamentarische Kontrolle der staatsanwaltlichen Tätigkeit, würden wir uns diese Einstellung ganz genau anschauen, anschauen, warum das Verfahren eingestellt wurde, obwohl es um die Verwendung von Steuergeldern und Parteimitteln geht.

Es tut der Politik nicht gut, wenn Frau Schmidt nicht vor Gericht die Möglichkeit gegeben wird, vielleicht ihre Unschuld zu beweisen. (Abg. Edler: Die ÖVP-Kassa ist offen!) Ein Gerichtsverfahren ist dazu da, die objektive Wahrheit zu finden – vielleicht kommt auch die Unschuld von Frau Schmidt heraus. (Abg. Edler: Frau Fekter! Die ÖVP-Kassa ist offen! Wunderbare Vermehrung!)

Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer ist – das ist unbestritten – ein sehr kompetenter, durchschlagskräftiger Jurist. Wir werden mit ihm das


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