Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 13. Sitzung / Seite 56

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Meine Damen und Herren! Wenn hier über Menschenjagd gejammert wird, aber nichtregierungsfremde Personen so wenig Vertrauen entwickeln, dass sie zum Mittel staatspolizeilicher Überprüfungen ihrer zukünftigen Minister greifen müssen, dann jammern Sie bitte nicht über die Opposition und über die unabhängigen Journalisten! Wir erfüllen unsere Aufgabe und können nur zwischendurch bemerken, dass Sie uns die Aufgabe so überaus leicht machen.

Wo findet man als Opposition einen Bundeskanzler und eine Außenministerin, die sich oft nicht an den politischen Vortag erinnern können, weil es zu belastend wäre?

Wo finden wir eine gesamte Bundesregierung, der es gelungen ist, eine Republik, die bis vor wenigen Wochen noch über größtes internationales Ansehen verfügte, in vollkommene Isolation zu führen? (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bures. )

Wo gibt es eine Bundesregierung, die den Menschen dieser Republik zumutet, sich als Nazis beschimpfen lassen zu müssen, nur weil einzelne Rechtsextremisten und Vertreter einer rechtsextremen Partei in der Bundesregierung sitzen? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Linksextremisten stören Sie nicht!)

Wo finden wir eine Regierung außerhalb Österreichs, die es Kleinunternehmern und Arbeitnehmern zumutet, dass ihre Betriebe und Arbeitsplätze gefährdet werden, weil unschuldigerweise ihre Arbeitsplätze und ihre Betriebe von Boykottmaßnahmen bedroht sind, die allein auf das Konto dieser Bundesregierung gehen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wo finden Sie eine Bundesregierung, die privatisieren will und allein durch ihre Existenz einen Wertverlust der börsennotierten öffentlichen Aktien von mindestens schon 15 Milliarden Schilling verursacht hat? Das ist unser Staatsvermögen, das hier willkürlich verspielt wird, Herr Dr. Schüssel. Verspielt wird, nicht riskiert wird, nicht aufs Spiel gesetzt wird – verspielt wird! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Wo finden wir eine Bundesregierung, in der ein Finanzminister als Leihgabe eines Großindustriellen einen Wettkanal und ein Wettbüro für seinen Dienstgeber organisieren soll und möglicherweise die Hauptaufgabe mitbekommen hat, seinen ehemaligen und zukünftigen Dienstgeber zum österreichischen Lotteriekönig zu machen?

Wo finden wir eine Schlossbesitzerin als Sozialministerin, die allerdings – man muss es ihr zugute halten – ihren Autowunsch noch nicht präzisiert hat? (Heiterkeit. – Abg. Dr. Fekter: Stört Sie das Schloss?)

Diese Liste, meine Damen und Herren, lässt sich fortsetzen. Und das nennen Sie Menschenjagd? Sie beschuldigen österreichische Journalisten, die einfach darüber schreiben und ihr Unverständnis äußern, der Menschenjagd? Wissen Sie, was Sie diesen Journalistinnen und Journalisten unterstellen? Dass sie Menschen hetzen, ungeachtet ihrer sachlichen und politischen Qualifikation.

Genau das Gegenteil stimmt: Wenn die sachliche und politische Qualifikation der vorliegenden Bundesregierung detailliert geschildert wird, erübrigt sich jedes zusätzliche polemische Wort. Das ist ja gerade die völlig neue Situation, in der sich die Opposition befindet. (Beifall bei den Grünen.) Wir brauchen oft nur wenige Worte in den Mund zu nehmen, wir brauchen nur das geheimnisvolle Wort "brutto" mit dem geheimnisvollen Wort "netto" zu konfrontieren, und schon ist alles klar. Das ist Menschenjagd? Wenn wir versuchen, dem Finanzminister zu erklären, dass brutto in jedem Fall mehr ist als netto – das nennen Sie Menschenjagd?

Meine Damen und Herren! Es gibt keine Menschenjagd, sondern es gibt eine Regierung, die mit dem Kapital und den Menschen Österreichs ein politisches Spiel treibt. Und ich habe, Herr Justizminister, nur sehr, sehr geringe Hoffnung, dass sich durch Ihre Amtsübernahme hier irgendetwas bessert.

Es geht nicht um Schonfristen, es geht um die Vorbereitung einer politischen Wende. Dass diese Regierung – mit oder ohne Dr. Böhmdorfer – möglichst schnell durch eine handlungsfähi


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