Bisher bestand eine wesentliche Aufgabe der ÖIAG laut ÖIAG-Gesetze 1993 und 1997 darin, ‚dass österreichische Industriebetriebe und industrielle Wertschöpfung, so weit wirtschaftlich vertretbar, erhalten bleiben‘. Diese wichtige Zielsetzung ist im vorliegenden Gesetzentwurf nicht mehr enthalten!
Darüber hinaus ist im blau-schwarzen Regierungsprogramm ‚grundsätzlich vorgesehen‘, dass die Republik Österreich bei Unternehmen, an denen sie im Wege der ÖIAG Miteigentumsanteile hält, die Rolle des Kernaktionärs aufgibt, also unter die aktienrechtliche Sperrminorität von 25 Prozent plus eine Aktie geht!
Diese Zielsetzungen sind für die österreichische Wirtschaft, für die betroffenen Unternehmen, deren Beschäftigte und Zukunft der falsche Weg!
Da es in Österreich weit gehend an großen privaten Investoren mangelt, hat bisher der Staat die wirtschaftspolitisch wichtige Funktion eines ‚strategischen‘ Eigentümers wahrgenommen. Dadurch sind wichtige Industriekonzerne und Schlüsselsektoren unter österreichischem Einfluss geblieben. Die Erhaltung starker Industriekerne ist eine wichtige Voraussetzung für einen attraktiven Wirtschaftsstandort und damit für die Schaffung und die Sicherung von Arbeitsplätzen. Gibt der Staat diese Funktion auf, ist ein Ausverkauf von österreichischen Schlüsselunternehmen ins Ausland kaum zu verhindern!
Der vorliegende Gesetzentwurf in Verbindung mit der geplanten Vorgangsweise hätte folgende Auswirkungen:
durch die unprofessionelle Vorgangsweise droht die Verschleuderung öffentlichen Eigentums unter dem tatsächlichen Wert,
es droht ein Ausverkauf österreichischer Paradebetriebe,
eine Gefährdung von mehr als 120 000 Arbeitsplätzen,
eine schwere Beeinträchtigung der Börsenkurse der betreffenden Unternehmen, die bereits begonnen hat,
die Verabschiedung der öffentlichen Hand von jeder industriepolitischen Ambition für die Zukunft,
unabsehbar sind die Auswirkungen etwa auf die 520 Zulieferer mit einem Volumen von 720 Millionen Schilling bei der ATW und ebenso die Konsequenzen für mehr als 1 000 österreichische Zulieferer bei der ÖIAG,
sowohl das derzeit nicht besonders gute Börseklima als auch die beschränkte Aufnahmefähigkeit der Wiener Börse sprechen nicht für eine rasche und vollständige Privatisierungseuphorie,
ein Wertschöpfungsverlust bei der AT durch Wegfall von Lizenz- und Handelsmarken, Lohnfertigung und Produktionsverlagerung.
Selten noch war eine derart wichtige Gesetzesvorlage von allen Seiten quer durch alle Interessensgruppen, aber auch seitens einer breiten Öffentlichkeit unter Beschuss gekommen.
Die in Aussicht genommene Vorgangsweise einer Pauschalermächtigung zur Totalprivatisierung unter großem Zeitdruck birgt die große Gefahr eines Ausverkaufs und lässt darüber hinaus jede Professionalität und Seriosität vermissen.
In dieser ernsten Situation ist von allen Interessengruppierungen und Fraktionen dieses Hauses eine umfassende und breite demokratische Diskussion gefordert, welche die Interessen unseres Landes, der betroffenen Betriebe und der dort arbeitenden Menschen an vorderste Stelle stellt. Es kann und darf nicht sein, dass die eben erwähnten Interessen kurzfristigen, kurzsichtigen und parteipolitischen Vorteilen geopfert werden.