Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 132

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ziemlich schlimmer Irrtum. Im Ostblock oder an den Universitäten, die uns angeblich als Vorbild gedient haben, gab es, genauso wie im Staate, relativ wenig Mitbestimmung. Das haben Sie doch immer behauptet oder gesagt. Und an den Universitäten war es genauso.

Ich kann Ihnen sagen, wenn man die Universitäten evaluiert am wissenschaftlichen Output, an internationaler Präsenz, so hat seit dem UOG 1975 eine positive Entwicklung in der Präsenz von Wissenschaftlern in international anerkannten Medien stattgefunden. Nicht zu Unrecht wehren sich viele ältere Ordinarien gegen eine Evaluierung des damaligen Zustandes mit dem von heute und hier. Das hat seinen Grund.

Was mich wundert, ist, dass Sie sagen, die Universitäten seien durch all diese Reformen gelähmt. (Abg. Dr. Martin Graf: Niemand hat das gesagt! Sie interpretieren das!) Sie vergessen, dass die größte Universität Österreichs, nämlich Wien, gerade erst vor wenigen Monaten ins UOG 1993 gekippt ist. (Abg. Dr. Martin Graf: Das sagt ja nicht, dass das gelebt wird!)  – Nein, Sie haben gesagt, die Universität schlittert von einer Reform in die andere. Die größte Reform, bei der kein Stein auf dem anderen bleiben wird, ist die Vollrechtsfähigkeit, und mich wundert es schon, wenn auf Grund einer mangelnden Analyse oder fehlenden Mängelanalyse nicht darauf geschaut wird, wohin die Vollrechtsfähigkeit führt und was ihre wahren Vorteile sind. (Abg. Dr. Brinek: Die gibt es schon, diese Analyse!)  – Ja, die gibt es schon. Es gibt aber auch die Möglichkeit, zum Beispiel das UOG 1993 zu evaluieren. (Abg. Dr. Martin Graf: Es kam das gleiche Ergebnis heraus!) Ich glaube, Sie sollten den Satz vom zureichenden Grund jetzt nicht übermäßig strapazieren, sonst wird meine Rede zu lange und das Licht fängt zu blinken an.

Ich glaube, dass der Rückzug des Staates in der Bildungspolitik allein noch kein Programm ist. Das gilt gerade auch für Frauenanliegen, die angesprochen worden sind. Mein Anliegen, das Ziel einer demokratischen, offenen, freien Universität, kann im jetzigen UOG mit gewissen Verbesserungen durchaus garantiert werden, und auch die Mehrjährigkeit der Budgets wäre sicherzustellen. Da bräuchte man nur Gesetze zu ändern. Die Rechte und die Karrieren der Frauen in der Vollrechtsfähigkeit sind jedenfalls schwieriger durchzusetzen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist schon alles gelöst!)  – Sie haben schon alles gelöst? Wir werden es sehen! (Abg. Dr. Martin Graf: Da brauchen Sie nur unserem Antrag zuzustimmen!) Dann könnten Sie ja Ihre Legislaturperiode verkürzen, wenn Sie jetzt schon alles gelöst haben. Vielleicht genügen dann zwei Jahre. (Beifall bei den Grünen.)

Das geltende Dienstrecht, zu dem ich auch noch kommen muss, ist für mich nicht tabu. Ich glaube auch, dass Pragmatisierung nicht Unkündbarkeit um jeden Preis heißen muss. Dazu bekenne ich mich. (Abg. Dr. Martin Graf: Da sind Sie in der falschen Fraktion!)  – Ich bin in der falschen Fraktion? Also da bin ich mir ziemlich sicher, dass ich das nicht bin. (Beifall bei den Grünen.)

Was, wie ich glaube, bei allen Dienstrechtsdebatten sehr notwendig ist, ist, dass junge Menschen und NachwuchsforscherInnen eine Perspektive haben. Sie müssen die Möglichkeit haben, ihr Leben zu planen und dürfen nicht den jetzt häufig vorherrschenden Zuständen von Karrieren ausgesetzt sein, die von Willkür, Sympathie und Abhängigkeiten geprägt sind. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Oh doch! Die Arbeitsbedingungen an einer Universität hängen sehr vom Wohlverhalten der Personen ab. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Von der Qualifikation!) Also ich glaube nicht, dass Widerstand, Widerrede und mangelnder Respekt, auch dann, wenn er nicht angezeigt ist, sehr karrierefördernd sind. Wenn Sie mir so etwas beweisen, dann ziehe ich den Hut, auch wenn ich ihn jetzt nicht aufhabe.

Ich glaube, dass das Risiko der Forschung allein schon genügt, denn je mehr ich spezialisiert bin, desto weniger Chancen habe ich letztlich in der freien Wirtschaft, weil es dafür, wie ich gesagt habe, keine Arbeitsplätze gibt. Das heißt, das Risiko der Forschung soll nicht durch das Risiko einer weiteren Arbeitsplatzunsicherheit in der Wissenschaft potenziert werden. Ich bin der Überzeugung, dass es eine antiquierte, menschenverachtende und ausbeuterische Gesinnung ist, wenn man glaubt, dass Angst und Unsicherheit am Arbeitsplatz das geeignete Mittel der Motivations- und Leistungssteigerung ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wer behauptet denn das? – Abg. Dr. Povysil: Wer behauptet das?) Das behaupten einige, aber


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