Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 34

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10.42

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren vor allem von den Freiheitlichen! Jeder, der über die Sachlage einigermaßen informiert ist, sich einigermaßen auskennt, weiß, dass diese Aktuelle Stunde, so wie Sie sie heute angelegt haben, ein Missbrauch dieses parlamentarischen Mittels ist und in Wirklichkeit nichts anderes als eine Kreditschädigung und eine Mistkübelkampagne darstellt. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben sich schon disqualifiziert!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Bitte achten Sie auf die Terminologie!

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Dass Sie als Regierungspartei zu einem derartigen Mittel greifen, finde ich tatsächlich beschämend. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es gibt nichts zu beschönigen: Die Finanzsituation ist nicht erfreulich. Das sagt auch jeder. Es stellt sich nur die Frage, wie wir mit dieser Situation umgehen. Und Sie wissen ganz genau – und das ist auch das, was ich Ihnen vorwerfe –, dass es in zwei Tagen einen Rechenschaftsbericht geben wird, der von Wirtschaftstreuhändern geprüft ist. Sie werden sehen, dass dieser Bericht von den Wirtschaftstreuhändern – aber vielleicht werfen Sie diesen Wirtschaftstreuhändern als Angehörigen eines freien Berufes vor, dass sie befangen sind – das Testat bekommt. Wenn Sie vorher den Herrn Minister hier über Insolvenzen und strafrechtliche Implikationen reden lassen, dann ist das ganz einfach ein Skandal, meine Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler: Wie hoch sind die Schulden?) Es ist ganz einfach ein Skandal, wenn Sie das eine mit dem anderen vermischen. Das ist ganz einfach unerträglich.

Wir wissen auch, was Sie damit bezwecken wollen, nämlich ein Ablenken. Das Skurrile ist ja nur, dass gerade die ÖVP – und die Diskussion ist ja noch offen, meine Damen und Herren –, die im Verdacht steht, eine Parteienfinanzierung von 100 Millionen Schilling erhalten zu haben – es gibt einen Untersuchungsausschuss in Deutschland, der sich mit der Gesamtthematik der Finanzierung aus Waffenbeschaffung befasst –, hier groß erklärt, wie verwerflich und wie schrecklich das alles ist; auch die FPÖ, die als einzige Partei in der letzten Zeit auf strafrechtlichem Sektor durch Rosenstingl aufgefallen ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie hoch sind jetzt die Schulden der SPÖ: 500 Millionen? 400 Millionen?) Rosenstingl war ja nicht nur der Klubsekretär, sondern Rosenstingl war für die gesamte Finanzierung der FPÖ zuständig (Abg. Dr. Khol: Er war nicht Klubsekretär! – Abg. Dr. Trinkl: Kommen Sie auf den Punkt: Wie hoch sind die Schulden?) und wäre wahrscheinlich jetzt auch Finanzminister, wenn das nicht vorher aufgeflogen wäre. Dass Sie sich also hier herstellen und großartige Erklärungen abgeben, bevor Sie noch alle Unterlagen kennen und den Rechenschaftsbericht gelesen haben, ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Der arme Klima! Jetzt vergleichen Sie Klima schon mit Rosenstingl! – Abg. Dr. Khol: Wie werden Sie die Schulden tilgen? – Abg. Ing. Westenthaler: Wie hoch sind jetzt die Schulden, Herr Kollege? – Über 100 Millionen? 600 Millionen?)

Meine Damen und Herren! Ich weiß und auch Sie wissen, wovon Sie ablenken wollen, und auch die Bevölkerung weiß, wovon hier abgelenkt werden soll. Das, was wir in letzter Zeit erleben, ist ein massiver Umbruch in der Gesellschaft dieses Landes, den sich die Wähler nicht erwartet hätten und der auch mit dem, was Sie angekündigt haben, nie im Einklang steht. Es ist eine reine Veränderung der Gesellschaft im Sinne der ÖVP, nicht im Sinne dessen, was die FPÖ im Rahmen des Wahlkampfes gesagt hat. Das wissen auch die "kleinen" Leute. Und daher brauchen Sie auch dieses parlamentarische Instrument nicht zu missbrauchen und etwas anderes vorzugaukeln. Es ist nichts anderes, als dass Sie hier eine Gesellschaft mit sozialen Rechten zu einer Bittstellergesellschaft umbauen.

Wir haben bereits gesehen, was Sie machen wollen: die Gebühren für den Postversand erhöhen, soziale Schröpfungen, eine massive Umverteilung von unten nach oben, meine Damen und Herren, und zwar in einer Dimension, die erst in den nächsten Jahren voll wirksam und allen bekannt werden wird. Sie haben Förderungen gestrichen, Sie haben die Langzeitarbeitslosen diskriminiert, und Sie machen letztlich den Umbau so, dass Sie jenen Organisationen, die Ihnen willfährig sind, Mittel zur Verfügung stellen und den anderen nicht mehr. Das ist die Art und


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