Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 59

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Frau Abgeordnete! Es gibt – aber mit der Ebene der Europäischen Union und der Verfassung scheint sich diese Regierung nicht allzu gut zu tun – so etwas wie die Europäische Menschenrechtskonvention, die Sie offenbar sehr stört. Und dort gibt es einen Artikel 8, in dem es heißt, dass alle Menschen das Recht haben, über ihr Privatleben, die Art und Weise, wie sie leben, wie sie ihre privaten Lebensverhältnisse regeln, selbst zu entscheiden. Aber das ist Ihnen ein Dorn im Auge, das scheint Ihnen nicht zu passen. Ich finde es traurig und beschämend, wenn Sie sich von europäischen Menschenrechten und den entsprechenden Werthaltungen verabschieden.

Meine Damen und Herren! Es ist oftmals von der Wahlfreiheit die Rede gewesen. Nur: Wo ist denn diese Wahlfreiheit? Wo ist sie denn? Eine häusliche Kinderbetreuung wird jedenfalls mit einer mittelmäßig entlohnten Vollarbeit nicht vereinbar sein – wo ist denn da die Wahlfreiheit für Frauen, für Mütter, für Eltern, tatsächlich zu entscheiden? (Abg. Öllinger: Die sind zu reich!) Die sind offenbar zu reich, die Damen und Herren, die über 12 000, 13 000 S verdienen. Wenn das der Begriff von Reichtum dieser Bundesregierung ist, dann ist mir manches erklärlich. Das erklären Sie aber einmal den kleinen Leuten auf der Straße! Das erklären Sie einmal bei Ihren Versammlungen!

Ich kann wirklich nicht erkennen, wo da Wahlfreiheit gegeben sein soll, wenn wir wissen – und das war auch bisher von Seiten der ÖVP unbestritten –, dass es bei Kinderbetreuungseinrichtungen ein Defizit von zumindest 150 000 gibt – andere Schätzungen gehen viel höher. Und es gibt meiner Meinung nach auch ein Recht von Kindern, mit Spielgefährtinnen und -gefährten zumindest einen Teil ihrer Zeit zu verbringen, in einer Gruppe motiviert zu werden. Wo ist denn da die Wahlfreiheit, wenn es schlicht und einfach keine Plätze gibt, wenn die Kinderbetreuungseinrichtungen so entlegen sind oder die Öffnungszeiten so wenig an die Arbeitswelt angepasst sind, dass sie de facto unzugänglich sind? Das ist Wahlfreiheit?

Und wenn diese Bundesregierung dann noch in die eine Richtung bereit ist, Milliarden dazuzulegen, etwa 8 Milliarden Schilling für die häusliche Kinderbetreuung zusätzlich, und dann erfahren wir von der Frau Bundesministerin, es gibt noch ein "Restl" aus der so genannten Kinderbetreuungsmilliarde, die dann ohnehin auf 600 Millionen geschrumpft ist, ein "Restl" noch von der alten Regierung – 133 Millionen waren es zu Jahresanfang –, muss ich schon fragen: Das ist alles? 8 Milliarden gegen 133 Restmillionen, mehr als 60-mal so viel für die häusliche Kinderbetreuung und gar kein neues Geld für die Schaffung zusätzlicher Kinderbetreuungsplätze? Das ist Wahlfreiheit? – Das ist Ideologie pur! Das ist Verbannung der Frauen an den Herd, und das hat mit einer modernen Gesellschaft und mit einer Wahlfreiheit der Frauen überhaupt nichts mehr zu tun! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Sie können noch so blumige Begriffe für das, was Sie da tun, erfinden, Kinderbetreuungsscheck, sonstige Begriffe, de facto ist klar, dass die echte Wahlfreiheit für Eltern, für Frauen und Männer, dieser Bundesregierung nahezu nichts wert ist und dass vor allem Frauen, Eltern, die berufstätig sein wollen, die das vereinbaren können und wollen mit ihren Betreuungspflichten, von dieser Bundesregierung für ihr besonderes Engagement bestraft werden. Wo da die Gerechtigkeit ist, können wir von den Grünen nicht erkennen, und wir werden daher Ihren Plänen in diesem Bereich heftig entgegentreten. (Beifall bei den Grünen.)

12.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Zierler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.24

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Bei Frau Kollegin Petrovic möchte ich mich gleich einmal bedanken für die Aussage, alle Menschen haben das Recht, selbst über ihr Leben zu entscheiden, eine Aussage, der ich vollinhaltlich zustimme. Das heißt nämlich auch: keine Bevormundung, und das heißt: Wahl- und Entscheidungsfreiheit. Und wenn diese Wahl- und Entscheidungsfreiheit, so wie wir sie meinen, noch nicht verstanden wurde, dann liegt das nicht an uns, aber wir werden uns natürlich weiter


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