Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 86

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Noch etwas zu dem immer wieder geäußerten Argument, eine Veräußerung von Staatsbetrieben sei ein einmaliger Erlös: Auf den ersten Blick sicherlich, aber es geht um die Dauerwirkung, darum, ob der Staat, so, wie das in den siebziger Jahren der Fall war, jedes Jahr aus dem Budget zuschießen muss oder ob der Staat von gewinnorientierten Betrieben jährlich Gewinnsteuern kassiert. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Huber. ) Das ist ein beachtlicher Dauereffekt im Interesse des Steuerzahlers, und wir fühlen uns als Anwalt des Steuerzahlers. – Frau Kollegin, es gibt eine alte Regel; ich habe es einmal schon gesagt: Die Lautstärke von Zwischenrufen ist für mich immer ein Kriterium dafür, wie schwach die Argumente sind. Je lauter Sie zwischenrufen, desto schwächer sind Ihre Argumente. Sie beweisen es soeben wieder, Frau Kollegin. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zusammenfassend: Wenn wir objektiv die einzelnen Aspekte dieses Gesetzespaketes sehen, dann müssen wir sagen, Gott sei Dank ist dieser Reformschwung in dieser neuen Regierungskonstellation vorhanden, ein Reformschwung, der im Interesse des Steuerzahlers ist und der auch im Interesse der Beschäftigten ist. Denn wenn es eine solche Offensive der Privatisierung gibt, wie wir sie heute beschließen – und ich bin überzeugt davon, sie wird erfolgreich sein –, dann sichern wir Arbeitsplätze, dann sichern wir Einkommenschancen, und dann stellen wir sicher, dass der Steuerzahler nicht ständig zur Kasse gebeten wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

14.08

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Interessen des Steuerzahlers, Herr Kollege Stummvoll, sind ein bisschen breiter gestreut. Ich habe schon das letzte Mal gesagt, ich akzeptiere das Ziel, dass man von diesen 80 Milliarden einmal runterkommt, wenn möglich bis auf null. Aber darüber hinaus gibt es andere Ziele auch, und es ist eines der Probleme dieses Privatisierungsgesetzes, dass es sich darüber ausschweigt. Es ist ja kein Zufall, dass auch im Bericht des Industrieausschusses auf der ersten Seite nur davon die Rede ist, dass es das Ziel all dieser Maßnahmen ist, die Altschulden für die ÖIAG zu tilgen.

Es hätte mich gefreut, wenn Sie ein viel wichtigeres Ziel wenigstens auch genannt hätten, nämlich dass diese Firmen bestmöglich überleben, die besten Chancen zum Weiterleben haben sollen, insbesondere im Interesse der dort beschäftigten Arbeitnehmer, und zwar mit einem langfristigen Konzept. Das hätte man extra anführen sollen, dass diese Interessen bei jeder Entscheidung, wann privatisiert wird, ob und in welchem Ausmaß, an wen verkauft wird, über die Börse, an einen Shareholder und so weiter ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, das ist ja das Problem dieses Gesetzes, dass es einen Rahmen gibt und dieser Rahmen vieles offen lässt. Als ich diesen Gesetzentwurf zum ersten Mal gesehen habe, habe ich mir gedacht, es wird im Detail erst die Praxis zeigen, wie Sie das handhaben werden. (Abg. Dr. Stummvoll: Wie war die Praxis bisher? Erfolgreich?) Es ist ja nicht undenkbar, dass man Ihnen einen gewissen Vertrauensvorschuss gibt. Allerdings sehe ich mich nach dem, was bisher passiert ist, nicht veranlasst, Ihnen diesen Vertrauensvorschuss zu geben. Es werden die Ziele der Privatisierung nicht genannt, abgesehen davon, dass Sie Schulden abbauen wollen. Da ist keine Rede von den langfristigen Interessen der Unternehmen, keine Rede von den langfristigen Interessen der Arbeitnehmer in diesen Bereichen.

Aber abgesehen davon, was inzwischen passiert ist, lässt es einen sehr skeptisch werden, wie Sie mit Ihren Ankündigungen umgehen. Das Problem hinsichtlich der Bestellung des Aufsichtsrates geht schon ziemlich tief, Herr Kollege Stummvoll. Das, was im Gesetz steht, suggeriert, dass Sie sich eine Struktur wie jene der Europäischen Zentralbank zum Vorbild genommen haben, dass Sie wirklich Entpolitisierung betreiben wollen, dass Sie in gewisser Weise Bindungen an Parteien verhindern wollen, indem Sie eine relativ lange Amtsperiode und eine Selbstergänzung des Aufsichtsrates vorsehen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite