Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 97

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Nahtlos an diese Bemerkung von Herrn Dr. Springer anknüpfend könnte man Herrn Maderthaner zitieren, der gemeint hat, der Staat sei niemals ein guter Unternehmer. – Im Umkehrschluss, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen schon sagen: Die Privaten sind auch nicht immer nur gute Unternehmer. Das wissen Sie aber selbst. Und es würde vor allem diesem Parlament gut anstehen, auch die Grenzen zu definieren, wo privatisiert werden soll und darf und wo nicht. Sind etwa Bereiche wie Gesundheit, Soziales, Wohnen, Bildung, Kultur zur Privatisierung freigegeben? Ist es das, was Herr Maderthaner sagen wollte? Oder gibt es Grenzen?

Sehen Sie nicht auch, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dass Privatisierungen zwar durchaus erfolgreich sein konnten, aber auch, wenn man etwa das Beispiel der englischen Privatisierungen im Bereich Wasserwerke, im Bereich öffentlicher Verkehr heranzieht, mit derart gravierenden Mängeln verbunden waren, sodass dies von vornherein einem Abverkauf von öffentlichem Eigentum zu Dumpingpreisen gleichkam? Diesem Beispiel wollen Sie ja teilweise nacheifern. Die gravierenden Mängel haben sich jetzt bei den privatisierten Wasserwerken, bei den privatisierten Bahnbetrieben als dermaßen groß und verhängnisvoll herausgestellt, dass eine Reihe von Vorfällen, von Unfällen, die in den letzten Jahren gerade in Großbritannien immer wieder für Schlagzeilen gesorgt haben, nicht zuletzt mit der mangelnden Vorsorge, die diese privaten Unternehmer bei ihren Betrieben walten ließen, mit mangelnder Sorgfalt in diesen Betrieben in einem engen Zusammenhang stehen.

Dasselbe könnte man auch am Beispiel privatisierter Fluggesellschaften in den USA und anderen Ländern aufzeigen. Da gibt es gute Beispiele, da gibt es aber auch schlechte Companies. Und ich meine, es stünde uns gut an, im Parlament auch den Rahmen und die Grenzen privater Betriebsführung klarzumachen.

Jetzt möchte ich Ihnen aber ein Beispiel bringen, das klar belegt, dass Sie in Ihrer Privatisierungseuphorie den Rahmen völlig gesprengt haben. Da ist den "Salzburger Nachrichten" vom 19. April zu entnehmen, dass das Budget für das erfolgreiche Unternehmen für Betriebsansiedlungen in Österreich, die Austrian Business Agency – ein staatliches Unternehmen –, um mehr als 20 Prozent gekürzt wird. Sie reden die ganze Zeit davon, dass Betriebe, private Betriebe hereingeholt werden sollen, und nun wird das Budget genau jenes Unternehmens, das in den letzten Jahren sehr erfolgreich vorexerziert hat, wie es zu machen ist und dass es zu machen ist und dass es auch über einen öffentlichen Auftrag machbar ist, um 20 Prozent gekürzt! Das ist Ihre Betriebsansiedlungspolitik, das ist Ihre Beschäftigungspolitik, das ist Ihre Privatisierungspolitik? – Das kann doch nicht wahr sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Das kann doch wirklich nicht wahr sein: "Kahlschlag bei den Betriebsansiedlern". (Der Redner hält einen Zeitungsartikel in die Höhe.) Herr Kollege Khol! Ich kann Ihnen gerne eine Kopie zur Verfügung stellen, falls Sie es auf diese Entfernung nicht lesen können. (Abg. Dr. Khol: Ich habe es gelesen!) Das ist Ihre Politik, und das ist die Konsequenz auch einer Privatisierungseuphorie, die am Beispiel der Telekom offensichtlich wird.

Ich meine, es ist schon klar, meine Damen und Herren: Aus dem strategischen Aktionär der Telekom, der Telecom Italia, wird mit einem Schlag durch die Privatisierung, die Sie vornehmen, der Kernaktionär, der mit 25 plus einer Aktie zu 100 Prozent bestimmen kann, was in diesem Unternehmen geschieht. Sie haben offensichtlich gar keine andere Möglichkeit, als total zu privatisieren, weil Ihnen ja die Möglichkeit, an einen Dritten zu verkaufen, durch die Syndikatsverträge genommen ist.

Was ist die Konsequenz? – Wir hören es von Seiten der Regierungsbank: Volksaktien. Jeder Österreicher, jede Österreicherin soll nach Möglichkeit eine Telekom-Aktie erwerben. Ja, Herr Kollege Khol, ich sage Ihnen eines: Dieses Konzept der Volksaktie am Beispiel der Telekom könnte man auch als "Deppensteuer" bezeichnen (Abg. Dr. Khol: Die deutsche Telekom hat den Wert vervierfacht!), als "Deppensteuer" deswegen, meine Damen und Herren, weil diesen vielen Menschen, denen gesagt wird, dass sie mit dem Erwerb einer Telekom-Aktie Eigentümer der Telekom Austria werden, vorgegaukelt wird, sie würden tatsächlich Eigentümer. Natürlich haben diese 75 Prozent minus eine Aktie keine Verfügung über das Eigentum – die hat die


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