Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 39

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich frage Sie wirklich: Was sind Ihnen diese Menschen wert? Was sind Ihnen diese 900 000 Menschen wert, wenn Sie die Ermessensausgaben kürzen, wenn Sie die Zivildienststellen kürzen und wenn Sie mit der Streichung der begünstigten Posttarife die Achillesferse der Meinungs- und Medienvielfalt in Österreich treffen? Das mag ein kleiner Punkt sein, aber er hat eine enorme Auswirkung auf die freie Meinungsäußerung und auf die Arbeit im gemeinnützigen Bereich.

Ich weiß schon, dass seit gestern angekündigt wird, dass das auf irgendeine Weise geändert wird. Ich weiß, dass der Druck dieser Vereine und Organisationen – auch der Druck der Grünen – gewirkt hat, dass das zum Erfolg geführt hat. Aber demokratiepolitisch möchte ich schon sagen: Dieser Antrag liegt noch nicht vor, und ich finde, es ist wirklich eine Verhöhnung des Parlaments, solche Dinge über die Medien zu verkünden, während uns hier absolut nichts dazu vorliegt. Ist das wirklich der neue Stil? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Van der Bellen: Ja, das ist der neue Stil! – Abg. Edlinger: Das war eine Suggestivfrage!)

Was soll das sein? Zuerst fahren Sie über die Vereine drüber, und dann über das Parlament? Das kann es wohl wirklich nicht sein!

Dieser Deckmantel von budgetären Einsparungen, der da sozusagen über das Ende der Zivilgesellschaft gelegt wird, und dieser Angriff auf die gemeinnützigen Organisationen, all das ist nicht nachvollziehbar. Jeder mit etwas wirtschaftspolitischem Grips kann das nachrechnen. Gerade die ÖVP und die FPÖ, die sich ja als wirtschaftspolitisch kompetent begreifen und beschreiben, müssen doch wissen, das ist eine reine Nettobetrachtung.

Was bedeutet denn ein eingesetzter Schilling in einem gemeinnützigen Bereich, wo 900 000 Leute ehrenamtlich arbeiten? Was bedeutet es denn, wenn 5 Milliarden Schilling, die in das Druckereigewerbe, die in diesen Medienbereich hineingeflossen sind, weggestrichen werden? Was bedeutet es denn, wenn man gerade in diesem Bereich ohnehin sehr kleine Unterstützungen, die aber eine unglaubliche Auswirkung haben, einfach streicht? Was ist Ihnen dieser Bereich der Gesellschaft wirklich wert? Und welche Balance sehen Sie überhaupt zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft?

Ich habe einen Verdacht: Bei dieser ganzen Sache geht es gar nicht um das Budget, sondern es geht darum, diesen Bereich der Gesellschaft in eine parteipolitische Abhängigkeit zurückzudrängen. Anders ist der Satz "mit Böcken und Schafen" nicht zu verstehen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Selbstverständlich ist das parteipolitische Abhängigkeit, wenn man Subventionen vergibt, anstatt einfach ein Instrumentarium zu haben, in dem sich das selbst entwickeln kann. Was ist das anderes als Abhängigkeit? Das können Sie mir gerne erklären.

Ich bin deshalb so erbost, weil ich selbst aus diesem Bereich komme, und jene, die in NGOs arbeiten, wissen, was das heißt. Diese Menschen arbeiten teilweise unter Selbstausbeutung, teilweise zu Löhnen, die unglaublich sind. Da gibt es keine gewerkschaftlichen Vorgaben, dort geht es nur um den persönlichen Einsatz. Und dieser Bereich soll nun gleich wie "H&M" und "Coca Cola" behandelt werden? Das verstehe ich einfach nicht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Daher muss man differenzieren, wie Khol gemeint hat!)

Zum Schluss noch etwas Wirtschaftspolitisches. (Abg. Edlinger: Ihr habt immer noch etwas? Unerschöpflich seid ihr!)  – Natürlich, selbstverständlich haben wir noch etwas.

Es ist wirklich erstaunlich, wie man diese Paketfrage behandelt. Warum geht man das Problem nicht bei der Wurzel an? Hier gibt es einen Bereich, der Zuschüsse von der Republik benötigt, angeblich 1,3 Milliarden Schilling in diesem Jahr. Das ist aber bis jetzt noch ein Monopolbereich, das sind daher keine Marktpreise, sondern Monopolpreise. Jetzt kann man sagen: Okay, wir streichen das überhaupt und lassen das Monopol so, wie es ist. Oder man kann sagen: Wir packen das Problem bei der Wurzel und versuchen, in diesem Bereich eine Einschleifregelung, eine Paketlösung für die Liberalisierung der Post und für die Zeitungsversandfrage.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite