Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 44

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Und weil Sie gerade wieder einmal das Budget 1999 zitiert haben: Es ist beachtenswert, dass der von diesem Finanzminister und dieser Regierung vorgelegte Budgetbericht über das Budget und den Budgetvollzug 1999 erstaunlich viele positive Aussagen zur Budgetpolitik der vergangenen Jahre gemacht hat – ganz im Widerspruch zu den von Ihnen ständig aufgeworfenen Problemen. So wird darauf hingewiesen, dass die Staatsquote von 57,3 Prozent im Jahr 1995 auf 53,7 Prozent reduziert wurde. Ausdrücklich – und ich zitiere immer wieder wörtlich, damit man nicht sagen kann, ich werte – wird die positive Entwicklung der Finanzwirtschaft in Kennziffern hervorgehoben und betont, dass die wirtschaftlichen Wachstumserfolge der vergangenen Jahre ein Ergebnis der budgetpolitischen Konsolidierungsstrategie waren.

Danke, Herr Minister Edlinger, lieber Freund! Das ist die Wahrheit, die selbst vom Finanzminister dieser Republik heute gutgeheißen wird. (Beifall bei der SPÖ.) Was aber tun Sie von ÖVP und FPÖ? – Seit Wochen – und auch heute hier – sagen Sie immer wieder das Gegenteil. So kann man sich sachlich sehr schwer auseinander setzen.

Meine Damen und Herren! Wer die einzelnen Teile dieses Budgetbegleitgesetzes sachlich analysiert, muss zu dem Ergebnis kommen, dass in diesem Paket bewusst Belastungen vorgesehen sind, die überwiegend untere und mittlere Einkommensgruppen treffen. Die Erhöhung indirekter Steuern wie Tabaksteuer, Elektrizitätsabgabe, motorbezogene Versicherungssteuer ebenso wie die diversen Gebührenerhöhungen treffen in erster Linie – und das ist ein nicht wegzudiskutierender Beweis – die unteren Einkommensgruppen.

Interessant sind Äußerungen von maßgeblichen Funktionären dieser Koalition. Klubobmann Khol, nachzulesen im dieswöchigen "Format", sagte auf die Frage eines Interviewers, es ginge nicht um einen radikalen Umbau.

Ehrlicher ist da schon die Frau Ministerin Sickl, die in einem Interview in einer Tageszeitung am vorigen Sonntag erklärte, es soll keine zu starke Umverteilung stattfinden. – Das impliziert doch, wenn ich mir diesen Satz durch den Kopf gehen lasse, dass offenkundig doch eine sehr starke Umverteilung stattfindet.

Interessant ist dann besonders die Äußerung des Klubobmannes Khol. Auf die Feststellung des Journalisten: Aber es wird doch jetzt überall gekürzt!, sagte Khol einfach: Wieso denn? Wir sparen dort, wo dasselbe Ergebnis effizienter erbracht werden wird.

Wie bitte? Bei Kindern? Wenn ein Behinderten-Führerschein verlängert wird, muss extra bezahlt werden. Bei all diesen neuen Gebührenmaßnahmen ist das Ergebnis effizienter? Was ist da effizienter? Wenn mir irgendjemand erklären kann, was da effizienter ist, werde ich sagen: Wunderbar, Sie haben eine gute Politik gemacht! Leider stimmt das aber nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Sie haben das Taschengeld für die Behinderten gekürzt!)

Meine Damen und Herren! Was Sie tun, ist alles andere als sozial ausgewogen, wie mein Freund Edlinger schon festgestellt hat. (Abg. Dietachmayr: Abkassierer!) Es klingt, um es vorsichtig zu formulieren, sehr eigenwillig, wenn zum Beispiel Finanzminister Grasser im Zusammenhang mit dem Budget 2000 – ich zitiere wieder wörtlich – von einer Erstellung unter der "Prämisse sozialer Gerechtigkeit" spricht. Tatsächlich, meine Damen und Herren, handelt es sich um eine massive Schwächung gerade der sozialen Gerechtigkeit.

Wenn Sie, Herr Finanzminister Grasser, sagen, Karenzgeld für alle unterschreiben Sie nicht, haben Sie uns auf Ihrer Seite. Wir sind auch der Meinung, da kann man demonstrieren, was soziale Gerechtigkeit ist. Aber die soziale Gerechtigkeit, die Sie vertreten, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, ist nicht die soziale Gerechtigkeit, die die Sozialdemokraten vertreten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Verteilung der Mehrbelastung zeigt ein höheres Maß an Ungleichheit, als selbst die Flat-tax gebracht hätte. Nach nur einigen Wochen Regierungstätigkeit rüttelt diese Koalition praktisch an allen Säulen des sozialen Systems sehr stark. Krankenvorsorge, Arbeitslosenversicherung, Notstandshilfe, Zivildiener, Posttarife et cetera – all das sind Beispiele für diesen Weg der Politik. Und es ist kein Zufall, dass selbst Experten, die wahrlich nicht


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