Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 78

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Die Botschaft lautet darüber hinaus: Die BürgerInnen dieses Landes sollen leistungsbereit und flexibel sein und sich darüber hinaus ruhig verhalten. Kritik an der Regierung ist nicht erwünscht, sondern wird bestraft: So stört Sie als den nun für die Aufsicht über die Arbeiterkammer zuständigen Minister offensichtlich, dass die Arbeiterkammern ‚so etwas wie die Speerspitze gegen die Regierung Schüssel/Riess-Passer sind‘ (ORF-Pressestunde). Damit will die FPÖ/ÖVP-Bundesregierung auch ihre Haltung, die sie schon gegenüber anderen gesellschaftlichen Einrichtungen wie zum Beispiel den Medien und Vereinen demonstriert hat, verstärken: ‚Man beißt nicht die Hand, die einen füttert!‘

Die in den letzten Wochen diskutierten Details der geplanten Änderungen im Gesellschaftsvertrag bedeuten nicht nur unsoziale, bösartige und ideologische Härten, sondern beinhalten auch eine klare Inkonsequenz gegenüber den selbstgesteckten Zielen. Die eigene Forderung nach mehr sozialer Treffsicherheit und Gerechtigkeit wird schon mit den ersten absehbaren Maßnahmen konterkariert. Dies zeigt sich neuerlich auch in den widersprüchlichen Aussagen einzelner Regierungsmitglieder, insbesondere die zuletzt getätigten Aussagen von Finanzminister Grasser, wonach weder eine geplante Aufhebung der Einkommensobergrenzen für den Mehrkindzuschlag noch ein Karenzgeld für alle seine Zustimmung finden wird.

Die bevorstehenden Belastungen kumulieren bei Menschen und Haushalten mit niedrigen Einkommen und bringen den Vertrauensgrundsatz ins Wanken. Die Vorgangsweise, die von der Regierung als effizient und rasch verkauft wird, ist einseitig, überfallsartig, nicht zielführend, inkonsequent, und deshalb wird sie auch nicht zu der vorgegeben nachhaltigen Sanierung des Bundeshaushalts führen.

Weitere Belastungspakete drohen den BürgerInnen mit den immer gleichen Argumenten und Inkonsequenzen.

Der ‚neue Gesellschaftsvertrag‘ wird zu einer sozialen Falle, zur Belohnung überkommener ideologischer Werte und zur massiven Umverteilung von unten nach oben.

Die notwendigen strukturellen und sozialen Reformen unserer Gesellschaft bleiben aus.

Statt ‚mehr Demokratie‘ gibt es mehr Pflicht zur Arbeit und Eigenvorsorge für jene, die sich das nicht leisten können. Der Zivildienst wird erschwert und zu einem Privileg derer gemacht, die beziehungsweise deren Eltern sich das leisten können, während andererseits Langzeitarbeitslose zu gemeinnützigen Arbeiten zu einem Schandlohn verpflichtet werden sollen: Hohn statt Integration scheint die Devise von FPÖ und ÖVP!

Kranke sollen zu ‚Teilkranken‘ erklärt und dementsprechend auch zu Teilzeitarbeit verpflichtet werden können.

Die Zumutbarkeitsbestimmungen im Arbeitslosenversicherungsrecht, ohnehin die strengsten in der EU, sollen laut Koalitionsabkommen noch weiter verschärft werden.

Die vorgeschlagene Pensionsreform, an deren Verhandlung und Ausarbeitung Sie maßgeblich beteiligt sind, bringt längere Arbeitspflicht und ‚Arbeitsbereitschaft‘ ohne tatsächliche Erhöhung der Beschäftigung. Eine längere Arbeitspflicht der Älteren am Arbeitsmarkt wirkt sich direkt proportional auf die nachrückenden Jungen aus. An beiden Enden verstärken sich der Druck und die sozialen Probleme, in der Mitte werden die Bedingungen dadurch noch härter.

Menschen, die krank, arbeitsunfähig beziehungsweise arbeitslos sind, sollen offensichtlich in Maßnahmen wie die zynischerweise ‚Integra‘ genannte Pflichtarbeit für Langzeitarbeitslose gesteckt werden, bevor sie die Pension beanspruchen dürfen.

Die Probleme des Arbeitsmarktes sind allerdings nicht durch mehr Pflicht zur Arbeit zu lösen und auch nicht durch die Verdrängung von Frauen vom Arbeitsmarkt.

Die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung sind ein unsozialer Rundumschlag, eine Verweigerung der Verantwortlichkeiten, eine Orientierung an angeblichem Missbrauch statt an


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