Herr Präsident! Ich teile Ihre Auffassung, dass die Sichtweise eines Meilensteines unterschiedlich ist, je nachdem, von wo aus man schaut.
Ich gebe schon zu: Es ist das ein Meilenstein aus der Sicht der Arbeitgeber. Aber gestatten Sie mir: Ich habe es aus der Sicht der Arbeitnehmer gesehen, und da ist das, was morgen von der Regierung beschlossen wird, eine der größten Mogelpackungen, die in diesem Land mittels Gesetz Arbeitnehmern verkauft werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Eine Senkung der Lohnnebenkosten kommt nur Arbeitgebern zugute. Erhöhung der Kfz-Steuer, Gebühren für Pass, Führerschein, Tabaksteuer, Vignette – ich möchte das nicht wiederholen. Zu einigen Punkten werden die KollegInnen aus meiner Fraktion, die nach mir reden werden, im Detail Stellung nehmen.
Meine geschätzten Damen und Herren! Einmalig in der Zweiten Republik ist auch der Umstand, dass der Wirtschaftsminister als so genannter Standortminister für alles zuständig ist: für die Arbeitgeber, für die Wirtschaft und für die Arbeitnehmer. Damit hat er auch die Aufsicht über die Kammern, somit auch über die Arbeiterkammern.
Lassen Sie mich grundsätzlich eines feststellen: Die Kammern insgesamt – damit meine ich alle –, die freiwilligen Interessenvertretungen im Rahmen der Sozialpartnerschaft haben dieses Land und seine Wirtschaft seit 1945 aufgebaut. Dieses Modell ist zum Vorbild in der Welt geworden. Es war seit 1945 aber auch notwendig, dass sich die Sozialpartnerschaft immer wieder an die gesellschaftlichen Veränderungen und die Bedürfnisse der Menschen angepasst hat, und so gebe ich auch zu, dass weitere Reformschritte sicher notwendig sind.
Das Ergebnis der Tätigkeit dieser Sozialpartnerschaft waren die niedrigste Streikrate in der Welt, sozialer Friede – ein großer Standortvorteil, wie ich schon einige Male von diesem Rednerpult aus betont habe; ein Vorteil, den wir uns erhalten sollten. Aber diese FPÖ/ÖVP-Regierung schaffte es innerhalb weniger Wochen, nicht nur die außenpolitische Reputation unseres Landes massiv zu schädigen (Zwischenruf des Abg. Haigermoser ), sondern mit den Ankündigungen auch die Existenzgrundlage der Arbeiterkammern zu gefährden und die rund drei Millionen Arbeitnehmer und zwei Millionen Pensionisten zu verunsichern.
Es genügte dieser Regierung anscheinend nicht, den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit per Gesetz als Aufsichtsbehörde der Arbeiterkammern festzulegen.
Mittlerweile ist es auch schon Tradition, dass die Vertreter der Freiheitlichen immer wieder versuchen, mit Skandalisierung Stimmung gegen die Arbeiterkammern zu machen – im Unterschied zu früher heute in trauter Zweisamkeit mit der ÖVP –, und dies, meine sehr geehrten Da-men und Herren, obwohl alle Regelungen der Bezüge der Arbeiterkammerfunktionäre auf Basis des Gesetzes erfolgen und von der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer beschlossen werden, vom Ministerium genehmigt sind und der Rechnungshofkontrolle unterliegen.
Da Herr FPÖ-Klubobmann Westenthaler in der Presseaussendung OTS187 behauptet, § 74 des Arbeiterkammergesetzes enthalte etwas, was im Bezügegesetz nicht vorgesehen ist, soll er herauskommen und sagen, was damit gemeint ist, denn dieser Paragraph ist exakt wortidentisch mit Artikel 18 des Bezügebegrenzungsgesetzes.
Weitere Versuche von FPÖ und ÖVP, Gerüchte in die Welt zu setzen, sind nicht haltbar. Ich darf Ihnen in Erinnerung rufen, dass der Präsident der Bundesarbeitskammer, Präsident Tumpel, selbst aktiv geworden ist und Sie, Herr Minister Bartenstein, aufgefordert hat, die Korrektheit aller Kammerregeln zu überprüfen und zu bestätigen, wenn es aber Unregelmäßigkeiten gibt, diese der Öffentlichkeit mitzuteilen, denn dann gehören sie abgestellt. (Beifall bei der SPÖ.)
Zur Forderung des Noch-FP-Führers Haider, die Kammerumlage um 40 Prozent zu senken, vorweg eine grundsätzliche Feststellung: Sparen kann man immer. Für die Überprüfung der einzelnen Leistungen auf Effizienz bin ich mein ganzes Leben hindurch als Funktionär eingetreten. Aber was bezwecken Sie mit dieser Ankündigung? – Sichtlich wollen Sie die Arbeiterkammern als kritische Arbeitnehmervertretung mundtot machen, und zwar deshalb, weil sie Ihre unsoziale