Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 97

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werden, und damit verbunden ist eigentlich die Hoffnung, dass das sehr viele nicht durchstehen werden und dass es dazu führen wird, dass Frauen um ihren Anspruch geprellt werden.

Wenn das tatsächlich eine Sozialleistung ist, die unabhängig von Erwerbstätigkeit ist, dann aber bitte für alle. Oder glauben Sie wirklich, dass eine Person, ein Elternteil, eine Mutter, ein Vater, die oder der eine normale Tätigkeit ausübt und 15 000 S verdient – 15 000 S wird über der Zuverdienstgrenze liegen, wenn diese etwa in der Höhe des doppelten Karenzgeldes liegen wird –, nicht vielleicht auch das Kinderbetreuungsgeld dringend braucht? Und meinen Sie nicht, dass vor allem das Kind einen Anspruch hat? Ist es so, dass gerade die Kinder jener Personen, die diese Unterstützung vielleicht am dringendsten brauchen, diese nicht haben sollen? – Das versteht doch niemand!

Herr Bundesminister! Wenn das eine Sozialleistung ist, dann aber bitte wirklich für alle. Sie begehen ja sonst einen doppelten Systembruch! (Beifall bei den Grünen.)

Oder auch, weil Sie das Programm "Integra" angesprochen haben: Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sehr viele Menschen, die lange Zeit arbeitslos waren und sind, tatsächlich den dringenden Wunsch haben, wieder eine Beschäftigung zu finden, wieder eine Tätigkeit zu erlangen. Das zentrale Kriterium, an dem sich die Geister scheiden, ist jedoch die Freiwilligkeit. Wir sollten gar nicht so weit kommen, die Zumutbarkeit prüfen zu müssen, eben den staatlichen Stachel ansetzen zu müssen. Denn wenn es fürs Erste einmal tatsächlich nur um 1 000 Plätze geht, dann, würde ich meinen, ließe sich das doch auf der Basis der Freiwilligkeit erreichen – und dann darf es tatsächlich keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen geben, also nicht: ALG oder NH plus x, sondern dann muss es gleich sein. Es wäre das sonst der erste staatliche Anspruch, bei dem Frauen auch diskriminiert werden, und das wäre ein absoluter Rückschritt! (Beifall bei den Grünen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Mein Schlusssatz: Herr Bundesminister! Man kann Sozialabbau betreiben, indem man in Teilbereichen, wie etwa beim Kinderbetreuungsgeld, mehr Geld ausgibt. Das, was hier betrieben wird, ist vor allem ein Abbau an Selbständigkeit, ein Schritt gegen die Emanzipation (Abg. Dr. Khol: Das ist ein langer Schlusssatz!) und somit ein gesellschaftspolitischer Rückschritt! (Beifall bei den Grünen.)

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nürnberger. – Bitte.

16.00

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie können argumentieren, wie Sie wollen: Sie sind seit 1945 die unsozialste Bundesregierung in diesem Land! Sie lassen unter dem Schlagwort "Reformen" eine Belastungswelle auf die Ärmsten in unserem Lande los.

Bevor mir jemand in Erinnerung rufen möchte, dass ich selbst zweimal einem so genannten Belastungspaket zugestimmt habe, sage ich: Jawohl, das stimmt, aber diese beiden Belastungspakete waren sozial ausgewogen. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Heute gibt es eine Belastungswelle, die für Unternehmer, Bauern, Hausbesitzer und Selbständige 19 Milliarden Schilling an Vorteilen bringt und für Arbeiter, Angestellte, Beamte, Arbeitslose und Kranke eine Mehrbelastung von 15 Milliarden Schilling. Da kann man nicht mehr von sozial ausgewogen sprechen, sondern da ist eine sehr große Schlagseite zu Ungunsten der arbeitenden Menschen in diesem Lande vorhanden.

Sie lassen unter dem Schlagwort "Reformen" eine Lawine von Belastungen auf die Menschen los. Ich rufe Ihnen nur einiges im Telegrammstil in Erinnerung: eine Pensionsreform, durch die sie Kranke, die ihre Gesundheit am Arbeitsplatz verlieren, bestrafen – Sie tun aber nichts für die Gesundheit am Arbeitsplatz. Berufsausbildung: keine faire Finanzierung. Krankenkassensanierung: auf Kosten der Kranken und jener, die mit dem Selbstbehalt große Probleme haben. "Aktion Fairness" – darauf habe ich in einer tatsächlichen Berichtigung Bezug genommen.


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