Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 22. Sitzung / Seite 22

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Herr Bundeskanzler! Teilen Sie nicht die Auffassung, dass es für eine Alleinerzieherin, für eine Mindestrentnerin schwieriger ist, beispielsweise die Gebühren für einen Reisepass aufzubringen, als etwa für Politikerinnen und Politiker? Glauben Sie nicht, dass das Wifo da Recht hat? Und wieso, frage ich Sie, gehen Sie nicht auf diese Kritik ein, sondern sprechen am 2. Mai von einem "wirklichen Unsinn"? Ist das der neue Stil des Regierens, die, die wissenschaftliche Kritik üben, eigentlich zu beschimpfen und sie des Unsinns zu zeihen? Wir lehnen einen derartigen Stil mit Nachdruck ab. (Beifall bei den Grünen.)

Die Kritikfähigkeit der Regierung ist eine sehr eingeschränkte, sei es gegenüber der Opposition, sei es gegenüber Stimmen aus dem Ausland. Gerade Kritikfähigkeit wäre aber wichtig, um die internationale Kreditwürdigkeit, das Ansehen unseres Landes zu stärken, zu bewahren und zu erhalten. Und das ist eigentlich der Hauptpunkt meiner Kritik am heutigen Tage.

Schauen wir uns an, was die Bundesregierung, was Mitglieder der Regierungsparteien für diese Kreditwürdigkeit, für das Ansehen Österreichs im In- und Ausland geleistet haben. (Abg. Öllinger: Herr Kabas zum Beispiel oder Herr Schmid!) Dazu, Herr Bundeskanzler, in aller Form die Frage: Ich habe von Ihnen wenig gehört zu solchen Ausritten wie dem "Westentaschen-Napoleon", den AK-Wahlplakaten, die bei aller berechtigter Kritik, die es an allen Kammern geben mag, wirklich dem Fass den Boden ausschlagen, oder auch zur Bezeichnung "Strolchi" an Ihre Adresse. (Abg. Dr. Pilz: "Strolchi" – was sagen Sie denn dazu?)

Klubobmann Khol hat das bei einer Debatte in der Industriellenvereinigung als "sehr lustig" bezeichnet und hat gemeint, mir fehle der Humor. Ich würde sagen, Herr Bundeskanzler, fragen Sie doch da einmal die Bevölkerung, wie die Leute das sehen, die Arbeiterkammerwahlplakate der Freiheitlichen, den "Strolchi", den "Westenthaler ..." (Abg. Ing. Westenthaler: Gut! – "Westenthaler-Napoleon"!), den "Westentaschen-Napoleon". "Westenthaler" – ja, da gibt es eine Verbindung, denn Sie, Herr Westenthaler, Sie können sich ja auch noch an so Äußerungen wie "Scherzkeks" und Ähnliches erinnern. Ist das die Würde des Hauses? Dient das dem Ansehen? Von den "Humpen" und "Dumpen" und von der Wortbedeutung dieser Neuschöpfungen will ich da gar nicht reden. Ist das das Ansehen und die Würde, die Sie immer beschwören und die Klubobmann Khol in theatralischen Worten versucht hat, dem Hause nahe zu bringen? Wie stehen Sie dazu? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Kogler: Das ist die "Verhumpung" der Republik! – Rufe bei den Freiheitlichen: Parlamentsblockierer! Demonstrierer!)

Aber das sind ja nur die, sage ich einmal, am Rande zwischen lächerlich und traurig herumschwirrenden Äußerungen. Viel ernster sind Äußerungen und Handlungen, die es allesamt nach dem Wahltermin von Seiten Ihres Koalitionspartners gegeben hat.

Herr Bundeskanzler! Sie wissen es, und es liegen auch Anfragen dazu vor. Was halten Sie denn von den vom freiheitlichen Parlamentsklub ausgehenden Hetzparolen gegen Frau Knoll, die dazu geführt haben, dass die Superintendentin kaum noch ihrer Arbeit nachgehen kann? (Abg. Dr. Ofner: Ungeheuerlich, so etwas unter dem Schutz der Immunität zu behaupten!) Schwarz auf weiß! Ist das nicht Ihre Anschrift: Parlament Wien, Telefon 40110, Klappe 5855, Dipl.-Ing. Schöggl? Geht das nicht von Ihnen aus? (Abg. Dr. Ofner: Lesen Sie es ganz vor! Ganz vorlesen!)

Oder, Herr Bundeskanzler, von den Guntramsdorfer Freiheitlichen eine Einladung, ein Aufruf zu Julfeiern, dem Gedenken an die Helden, die im Kampf gegen den Feind für unsere Heimat das Leben ließen. Kein Wort von den Opfern der Shoah, kein Wort vom Angriffskrieg gegen Staaten, die sich verteidigt haben, kein Wort der Versöhnung und der Wiedergutmachung!

Oder, Herr Bundeskanzler, was halten Sie davon: Freiheitliche in Salzburg nehmen gegen die United Parade, gegen die Love Parade, Punks und offene Homosexualität Stellung und fordern dazu auf, die Gesellschaft durch ein Verbot von so etwas vor diesen kriminellen Elementen zu schützen? Homosexualität als kriminell – sehen Sie das auch so, Herr Bundeskanzler? (Abg. Dr. Ofner: Lesen Sie es vor! Wo steht denn, dass Homosexualität kriminell ist?) Wie stehen Sie denn dazu?


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