Frau Abgeordnete Petrovic! Ich bitte aber auch um Gelassenheit: Man muss auch der österreichischen Opfer gedenken dürfen! Es muss möglich sein, ohne falsche Verdächtigung der österreichischen Gefallenen – 380 000! – zu gedenken, ohne gleichzeitig auch alles andere in einen Topf zu werfen. Denn wir gedenken ja auch spezifisch der Opfer der Shoah in einem ganz besonderen Moment. Und es muss auch möglich sein, der österreichischen Kriegsgefangenen-Generation Recht zukommen zu lassen oder an die Gefallenen zu denken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Der Westenthaler will ...!)
Wenn wir also zu einer neuen Diskussions-, vielleicht Konflikt-, aber auch Konsenskultur kommen wollen, dann müssen wir, glaube ich, durchaus auch etwas aushalten – und dazu gehört zuallererst ein bisschen Humor, und bitte nicht jede einzelne Erklärung auf die Goldwaage der Gerichtsprotokolle zu legen! Ich halte den "Strolchi" aus, andere werden vielleicht den "Asterix" oder den "Troubadix" aushalten müssen. (Rufe bei der SPÖ: Lump!) – Ja, auch das zählt nicht zu den Highlights sprachlicher Emanationen, das wissen wir selbst!
Ich bin der Überzeugung, dass wir dann, wenn jeder bei sich selbst anfängt, wenn jeder etwa mit dem Gebrauch des Wortes "Faschist" ein wenig sorgsamer umgeht und nicht jeden gleich an die Wand stellen oder umbringen will, gleichzeitig aber auch nicht sofort zur Klage schreitet und die Freiheit der Kunst in Frage stellt, ein Stück weiterkommen werden. Fangen wir bei uns selbst an! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Nun zu den Sanktionen: Diese Sanktionen treffen! Sie treffen vor allem mich, da ich – ich wiederhole es – einer derjenigen bin, die im Jahre 1994 nach Alois Mock durch eine Kampagne landauf, landab ungeheuer viel – so glaube ich jedenfalls – dazu beigetragen haben, dass es zu jener Zweidrittelmehrheit bei dieser Volksabstimmung gekommen ist.
Diese Sanktionen treffen, sie schmerzen nicht nur, sie treffen auch, sie diskriminieren uns, sie diskriminieren das Land! Wenn der österreichische Botschafter in Paris keinen Zugang zu Kabinettsmitgliedern, keinen Zugang zu den Mitarbeitern der Ministerpräsidenten, zu den Ministern, zum Präsidenten hat, dann ist das mehr als nur eine schmerzliche Geste! Ich sage das schon dazu. Es behindert Österreich, es behindert unsere Entfaltungsmöglichkeit, für Österreich etwas zu tun. Und wenn sich der französische Verteidigungsminister weigert, eine Einladung an den österreichischen Verteidigungsminister zu unterschreiben (Abg. Mag. Posch: Haben Sie auch gehört, was der Botschafter gesagt hat?), dann ist das mehr als eine Frage der Höflichkeit, nämlich eine Frage des Artikels 10, wonach jedes Mitgliedsland durch volle Kooperation verpflichtet ist, die anderen Mitgliedsländer zu fördern und in ihrer Entfaltung zu unterstützen. – Das ist der Punkt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Wenn man uns bei internationalen Abstimmungen, etwa im Kontext der Vereinten Nationen, behindert, dann ist das ein Skandal! Es freut mich aber, dass – ich teile Ihnen das heute gerne mit – das alles nichts nützt, denn bei einer der letzten Wahlen in vier Kommissionen der ECOSOC – es erfolgte einiges per acclamationem, da hat die EU nachgegeben, aber bei einer musste gewählt werden – hat Österreich die meisten, nämlich 45 Stimmen bekommen, gefolgt von Frankreich mit 44 und der Schweiz mit 39 Stimmen und so weiter. (Abg. Ing. Westenthaler: Wirksam!) Ich bin stolz darauf, dass wir mit unseren Diplomaten einen solchen Erfolg gehabt haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Noch schöner wäre es aber, wenn wirklich ein klarer, schallender Ruf aus Österreich käme: Weg mit den Sanktionen! – Wenn der SPD-Politiker Klose, der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses des Deutschen Bundestages, sagt: Weg mit den Sanktionen, sie "widersprechen" – wörtlich! – "Geist und Buchstaben des EU-Vertrages", dann hätte ich das gerne ebenso von unseren sozialdemokratischen Freunden auch im Ausland, auch in Europa, selbst in Paris gehört. Und das ist nicht zu viel verlangt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wir, die Regierung, müssen zwar vorsichtig sein – ich weiß schon, kein Triumphgeheul –, die Azoren waren nicht die Lösung, aber es war ein großer erster Schritt, dass es unserer Außenministerin dort gelungen ist, sichtbar zu machen, dass sich die Mehrheit der europäischen Partnerländer aktiv um eine Veränderung der Position bemüht. Ich danke Benita Ferrero-Waldner