Ing. Westenthaler: Das glaube ich! Einsperren! Reisepässe wegnehmen! Ein Skandal, was Sie da sagen!)
Sie haben weiters in Ihren heutigen Ausführungen gemeint, es sei eigentlich unglaublich, dass Stimmung über die Straße zu machen versucht wurde. Gemeint haben Sie wohl jene Zehntausenden, ja Hunderttausenden Bürgerinnen und Bürger, die nichts anderes getan haben, als die Möglichkeit ihres Protestes zu nutzen, die sie haben; im Gegensatz zum Beispiel zu mir. (Abg. Zellot: 50 verletzte Polizisten!) Ich kann Parlamentsreden halten. Sie können erwidern. Sie haben "Pressestunden", "Report"-Auftritte und "ZiB 1"-Sendungen, aber der einzelne Bürger, die einzelne Bürgerin kann in einer Situation, in der sie Unmut, Unzufriedenheit und damit auch den Wunsch, Korrekturen anzubringen, ausdrücken möchte, nur auf die Straße gehen. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Das tun sie, und dass Sie das hier als gefährlich darstellen, dass Sie das verächtlich machen – das, Herr Bundeskanzler, zeugt nicht von allzu großem Demokratieverständnis, das Sie haben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Ungeheuerlich!)
Nun, Herr Bundeskanzler, zu Ihrer dritten Bemerkung oder zu Ihrem dritten Themenkomplex, Ihrem mehrfachen Dank an die Wirtschaft: Ich habe mir noch nichts dabei gedacht, als Sie dreimal der Wirtschaft für die Budgetkonsolidierung groß gedankt haben. Denn da dachte ich mir, jetzt wird der Herr Bundeskanzler doch wohl fortfahren und wird auch denjenigen danken, die wahrlich den wesentlichen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten, nämlich den Bürgerinnen und Bürgern – jenen, die jetzt 1 000 S und nicht mehr 500 S für den Reisepass zu zahlen haben; jenen, die 1 000 S und nicht mehr 550 S wie in der Vergangenheit für die Vignette zu zahlen haben, unabhängig davon, wie arm, wie reich sie sind, wie mobil sie sind oder wie oft sie verreisen. Vielleicht verreist jemand nur einmal in zehn Jahren, das kostet dann eben 1 000 S.
Ihre – ich glaube, ich habe es in einem Interview im "Kurier" gelesen – flapsige Bemerkung, es kann doch nicht zu viel sein, für einen Grenzübertritt einmal jährlich 100 S zu zahlen, zeugt für mich, Herr Bundeskanzler, von einer unglaublichen Ignoranz gegenüber denjenigen, die wir sozusagen die kleine Bürgerin und den kleinen Bürger nennen. Es zeigt, Herr Bundeskanzler, dass Ihnen gänzlich die Sensibilität dafür fehlt, wenn Sie am Tag der Generaldebatte dreifach den Dank an die Wirtschaft richten und hier von 14 Milliarden Schilling sprechen, die die Wirtschaft beigetragen hat. (Zwischenruf des Abg. Jung. )
Dabei ist mir jedoch nicht klar, Herr Bundeskanzler, was Sie damit meinen. Meinen Sie etwa, dass die Konjunktur jetzt eine besonders günstige ist, die Steuereinnahmen deshalb größer sind und auf diese Weise mehr in den Staatssäckel fließt? Was haben Sie konkret gemeint? Oder haben Sie vielleicht gemeint, dass jetzt das Geld des Insolvenzfonds herangezogen wird? Selbstverständlich sind das Arbeitgeberbeiträge, aber zu welchem Zweck wurden sie denn eingeführt oder werden sie abgeführt? Was haben Sie denn mit Ihrem Dank gemeint? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Was haben Sie denn gemeint, Herr Bundeskanzler, mit Ihrem Dank für diese vermeintliche Superlösung, was die Getränkesteuer angeht? – Herr Bundeskanzler, ich glaube, Sie gehen nie in ein Kaffeehaus, denn sonst wüssten Sie, dass es nicht die Wirtschaft ist, die den Preis zahlt, sondern dass es der Konsument und die Konsumentin sind, die das an die Wirtschaft zahlen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: ... sind wir alle!) Selbstverständlich sind auch die Kaffeehausbesitzer betroffen. Sie werden wahrscheinlich Einbußen haben bei den Preiserhöhungen, die jetzt zu erwarten sind.
Herr Bundeskanzler! Da Sie jetzt noch hier sitzen und die Gelegenheit haben, etwas zu sagen, bitte ich Sie, auch noch ein paar Äußerungen zu anderen Dingen zu machen oder Präzisierungen vorzunehmen, beispielsweise zu der Tatsache, dass Frau Kollegin Fekter – sie ist im Moment nicht da – in einem Zwischenruf den Parteivorsitzenden der SPÖ, Gusenbauer, wegen der Aktivitäten in Paris als "Staatsverräter" tituliert. (Abg. Zellot: Zauberlehrling!)
Bitte schön, das müssen Sie sich einmal vorstellen, Herr Dr. Schüssel! Da geht es um den Klubobmann der größten Partei in dieser Republik, der größten Oppositionspartei! Was immer er tut,