Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 159

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neue österreichische Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin auszuarbeiten, nicht genügend Bedeutung zumessen. – Nein. Wir haben es gelesen. Wir können uns ungefähr vorstellen, was Sie sich unter einer "neuen österreichischen Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin" vorstellen. (Abg. Kiss: Was, Kollege Pilz? Es würde mich interessieren, was Sie da meinen!) Deswegen werden Sie hoffentlich Verständnis dafür haben, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen. Trotzdem werden wir mit Ihnen alles diskutieren, aber schlicht und einfach nur deswegen, weil sich das in einem Parlament so gehört. (Abg. Wattaul: Geschichten erzählen!)

Meine Hoffnung, Sie in irgendeinem Punkt überzeugen zu können, ist relativ gering, aber immerhin den Versuch wert. Wenn wir schon zusammensitzen, dann probieren wir es halt. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Tun wir halt ein bisschen Schmäh führen!)

Sechs Punkte: Erstens: Österreich ist sicher. Österreich ist sicher und wird immer sicherer, zumindest im militärischen Sinne des Wortes. (Abg. Wattaul: Er fühlt sich sicher!) Österreich wird schon bald von einem Ring von NATO-Mitgliedern umgeben sein. Wenn man nicht davon ausgeht, dass von der Schweiz oder Liechtenstein größere militärische Gefahr droht, dann ist nicht ganz klar, wozu ein eigenes österreichisches Bundesheer im Umfang von mindestens 20 Milliarden Schilling Budgetmitteln aufrechterhalten werden soll. (Abg. Wattaul: Staatsvertrag lesen!)

Der Nachweis der Notwendigkeit eines österreichischen Bundesheeres ist zumindest in der jetzigen Situation für die Außengrenzen Österreichs nicht überzeugend zu führen, aber vielleicht finden Sie ein neues Argument. (Abg. Wattaul: Staatsvertrag!) Ich bezweifle es aber deswegen, weil Sie selbst Ihre Argumentation schon vor Jahren von der so genannten konventionellen Ebene der Bedrohung auf die subkonventionelle Ebene der Bedrohung verlagert haben, da Sie jetzt über Nacht auf Grund des Ausbleibens des Feindes aus dem Osten, der roten Armeen, gegen die Sie immer gerüstet haben, ein neues Feindbild suchen mussten. Dieses neue Feindbild findet sich immer wieder in den Schriften des Bundesministeriums für Landesverteidigung: die subkonventionelle Bedrohung.

Was ist diese? – Wenn Sie die Dokumente Ihres Ressorts studieren, dann lesen Sie über die organisierte Kriminalität, die tschetschenische Bande, den albanischen Großkriminellen, die Triaden und darüber, was es an politischer Kriminalität und an Proliferation gibt. Ich plädiere nicht dafür, das nicht ernst zu nehmen, sondern ich plädiere dafür, das mit den Mitteln des Rechtsstaates zu bekämpfen. Die Mittel des Rechtsstaates sind eindeutig den Gerichten und – nachgeordnet – den Polizeibehörden zugeordnet. Bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität hat das Militär schlicht und einfach nichts verloren! (Abg. Großruck: Zuerst muss man sie einmal erwischen!) Nehmen Sie dieses einfache Prinzip eines Rechtsstaates endlich einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Grünen.)

Zweitens: Diese österreichische Bundesregierung plant im Rahmen des Bundesheeres eine starke Aufrüstung, eine Aufrüstung, die durch sehr wenig gerechtfertigt ist.

Ich sage Ihnen Folgendes: Ich beschäftige mich jetzt seit über zwanzig Jahren mit der österreichischen Rüstungsindustrie und den damit verbundenen Interessen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Ein großer Teil der Interessen an der Rüstungsindustrie und am Ausbau einer europäischen Rüstungsindustrie hat schlicht und einfach mit Korruption, mit individueller Bereicherung und mit Parteienfinanzierung zu tun. Das sind die politischen Hauptmotive zur Ausweitung einer europäischen und österreichischen Rüstungsindustrie.

Schauen Sie in die jüngste Geschichte der Österreichischen Volkspartei, und schauen Sie die Verwicklungen des derzeitigen Bundeskanzlers in ein an der Grenze der Legalität befindliches Waffengeschäft an, das vom damaligen Wirtschaftsminister Dr. Schüssel glatt illegal manipuliert wurde! (Abg. Prinz: Auch wenn Sie es noch so oft erzählen, wird es nicht wahrer!) Es handelt sich um das Thomson-Geschäft. Und etliche Fragen nach den Parteifinanzen der ÖVP sind nach wie vor offen. Daher liegt sonnenklar auf dem Tisch, worum es bei der Rüstungsindustrie geht: Korruption, individuelle Bereicherung und Parteienfinanzierung. (Beifall bei den Grünen.)


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