Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 24. Sitzung / Seite 13

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9.19

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Nachdem Kollege Antoni über das Schulbudget gesprochen hat, möchte ich den Blick auf die so genannten Hohen Schulen lenken und auch um Sympathie und Unterstützung werben, was für diesen Bildungstyp nicht immer selbstverständlich ist.

Ich möchte ein wenig auf die Entwicklung der Hohen Schulen eingehen und in diesem Zusammenhang zu Aristoteles führen, der in seiner Metaphysik von zweierlei Künsten gesprochen hat, nämlich solchen, die zur angenehmen Lebensführung beitragen, und solchen, die zur Deckung der notwendigen Bedürfnisse beitragen. Des Weiteren sagt er:

"Als daher schon alles Derartige geordnet war, da wurden die Wissenschaften gefunden, die sich weder auf die notwendigen Bedürfnisse noch auf das Angenehme des Lebens beziehen, sondern auf die Bereiche, wo man Muße hatte."

Meine Damen und Herren! Wenn sich in der Antike die Priester in der wissenschaftlichen Muße übten, so sind es heute nicht mehr nur die Priester oder vielleicht gar nicht mehr die Priester, sondern Dramatiker, Biologen, Physiker, Soziologen und so weiter, die sich mit Lehre und Forschung als "Wissenschafttreiben" beschäftigen.

Natürlich sieht auch Wissenschaft anders aus als zu Zeiten der altägyptischen Mathematiker. Die Wissenschaft ist, könnte man sagen, profan geworden, und damit zum öffentlichen Anliegen eines modernen Staates. Damit bin ich schon im jetzigen Jahrhundert angelangt.

Die Reformen der letzten Jahrzehnte, im Speziellen der siebziger Jahre, haben die Stätten der Wissenschaft stark verändert. Sie haben Universitäten zu offenen leistungsfähigen und modernen Betrieben gemacht. Dass an diesen Reformprodukten nicht auch etwas zu ändern wäre, ist damit natürlich nicht gesagt.

Im Gegensatz zu meinem Vorredner kann ich in Bezug auf die Entwicklung der Universitäten und deren Stand von heute eine positive Bilanz ziehen: In Österreich besuchen etwa 220 000 Studierende Hochschulen und Universitäten, etwa jeder zweite Schüler eines Altersjahrgangs macht Matura, und ein gutes Drittel davon besucht im Anschluss daran eine weiterführende Akademie, eine Hochschule oder eine Universität.

Das Studium ist, wie vielfach zitiert, nicht kostenlos, sondern möglich, weil es eine große Gruppe der Bevölkerung gibt, die es durch Steuerleistungen möglich macht, dass Tausende Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen bezahlt werden, Labors ausgestattet und betreut werden, strapaziöse Versuche gemacht, Mieten beglichen werden und somit hochkarätige Lehre erteilt werden kann.

Eine moderne Gesellschaft – eine Gesellschaft, die sich in einem globalen Wirtschaftsgefüge befindet – leistet sich Wissenschaftsbetriebe – das sage ich mit aller positiven Affirmation – als Zukunftssicherungseinrichtungen. Es gibt keinen Fortschritt – und darüber herrscht, Gott sei Dank, so gut wie kein Zweifel –, sowohl im Bereich der Technik und Produktion als auch im Bereich des Human- und Sozialwesens, der ohne jene durch Wissenschaft und Forschung gesicherte Kenntnisse auskommen kann: ohne Wissenschaft keine Innovation, ohne Innovation keine Arbeitsplätze, ohne Arbeitsplätze kein Wohlstand. Diese Schlüsse sind Ihnen sicher bekannt. – Ich glaube daher, dass ein moderner Staat die ökonomische und geistige Autonomie seiner Bürger jedenfalls auch politisch motiviert anstrebt und wertschöpfungsorientierte Erwerbstätigkeit unterstützt – damit ein hochpolitisches, das heißt ein bildungspolitisches, erwerbspolitisches Motiv.

Meine Damen und Herren! Universitäten und Forschungsstätten werden immer rascher mit neuen Aufgaben konfrontiert. Diesen neuen Aufgaben werden sich sowohl die Universitäten und Forschungsstätten als auch die Bundesregierung, an der Spitze unsere Frau Bildungsministerin, stellen.


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