Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 60

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47 Milliarden Schilling – aber dies von einem roten Finanzminister – waren eine Notwendigkeit, der sich auch dieser besagte ÖGB nicht verschließen konnte. So lange es eine rote oder rot dominierte Regierung gegeben hat, solange haben die Sozialpartner geschwiegen, maximal ein paar Scheingefechte geführt, um ihr Gesicht zu wahren, aber nur ja nicht zu laut. Jetzt vergeht kaum ein Tag ohne neue Drohungen dieser Sozialpartner.

Meine Damen und Herren! Wenn große Belastungen akzeptiert werden konnten, die keinerlei positive Auswirkungen auf das Budget hatten, dann frage ich mich: Wo ist die Verantwortung dieser Sozialpartner? Wie viele Milliarden hätte man schon allein mit einem langfristigen Verkehrskonzept für Wien einsparen können?

Die Verkehrssituation in Wien ist ein Armutszeugnis für die Stadtplanung und ein Lehrbeispiel dafür, wie man es nicht machen soll. Die Wiener Verkehrssituation zeichnet sich vorwiegend dadurch aus, dass der Stadtentwicklung hinterhergelaufen und keinerlei Vorausschau betrieben wird. Die Realität diktiert die Notwendigkeiten – so ist es.

Es werden Tausende Wohnungen ins Grüngebiet gestellt, aber niemand macht sich Gedanken über die Anbindung an die U-Bahn. Früher hat es das Schlagwort gegeben, die Gemeinde baut eine neue Siedlung, die aus 500 bis 1 000 Wohnungen, einer Trafik, einer Apotheke und einem "Konsum" besteht. Den "Konsum" gibt es nicht mehr, der Rest ist immer noch so.

Die Stadt kann sich nur an ihrem Rand weiter ausbreiten, das ist so simpel wie logisch. Was machen unsere Verkehrsplaner? – Sie lassen alle U-Bahnen genau vor diesen Hoffnungsgebieten enden. Warum endet die jetzt bereits verlängerte U3 an der Simmeringer Hauptstraße, wenn dahinter die Thürnlhof-Siedlung und Kaiserebersdorf kommen, wo Tausende Menschen wohnen?! Sie wählen aus verständlichen Gründen als Alternative zum "71er" das Auto. Auf der einen Seite will man der Bevölkerung das Autofahren abgewöhnen und macht auf der anderen Seite den Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel so unattraktiv wie nur möglich.

Die U1 ist das nächste Beispiel für eine völlig sinnlose Planung. Wo endet die U1? – Sie endet am Reumannplatz. Wo wohnen die meisten Menschen? – In Rothneusiedl und noch ein Stückchen weiter, in der Per-Albin-Hansson-Siedlung, sowohl in der alten als auch in der neuen.

Auch das andere Ende der U1 sollte der Ordnung halber Erwähnung finden, denn dort schaut es genauso aus: Endstation ist das Donauzentrum, und nach dem Donauzentrum kommen dann die Großfeldsiedlung und alle anderen großen Siedlungsgebiete in der Leopoldau. Da gibt es also eine Konzentration von Menschen, die alle Autos haben und sie auch brauchen, um in die Arbeit zu kommen.

Ich weiß, man kann nicht an jeder größeren Straße von Wien eine U-Bahn bauen, aber man kann bei der Streckenplanung gefälligst weiterdenken, als die eigene Nase lang ist, und sich mit den Zukunftsprojekten der Stadtplaner auseinander setzen und erst dann die Verkehrsrelationen planen, die notwendig sein werden, um dem unweigerlich kommenden Bedarf gerecht zu werden.

Die Zubringerbusse zu den jetzt vorhandenen U-Bahnstationen haben Intervalle, die auch einem ambitionierten "Öffi"-Fahrer das Grausen beibringen. Wenn man dreimal umsteigen muss, dann verliert jedes öffentliche Verkehrsmittel gegen einen PKW. Das ist Innovation. Das ist leider Tatsache. Da ich selbst zu 90 Prozent öffentlich unterwegs bin, und das in ganz Wien, darf ich mir hier schon ein Urteil erlauben.

Dass das Park-and-ride-System in Erdberg zu groß und zu weit weg und daher unattraktiv ist und jenes beim Donauzentrum viel zu klein und auch nicht glücklich geplant ist, rundet das Bild nur ab.

Zu klein die Abstellplätze dimensioniert, zu kurz die Streckenführungen der U-Bahn – so stellt sich die zukunftsorientierte Verkehrsplanung von Wien dar.


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