Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 112

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Respekt abverlangt, Herr Dr. Böhmdorfer. Und das sage ich auch, weil ich es ehrlich so meine. Sehr geehrter Herr Dr. Böhmdorfer! Daher ist das, was gestern von Ihnen zu hören und zu lesen war, umso enttäuschender, und deshalb ist die Fassungslosigkeit auch umso größer.

Wie groß die Fassungslosigkeit und auch die Betroffenheit sind, Herr Dr. Ofner, hat Michael Krüger vorhin angeführt, indem er aus der Presseaussendung des Präsidenten des Nationalrates zitiert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So etwas hat es noch nie gegeben, dass der oberste Hüter des Rechtsstaates, nämlich der Justizminister, den in Wirklichkeit intensivsten Angriff auf den Rechtsstaat, den ich in meinem Leben und, ich glaube, auch Herr Dr. Fischer in seinem Leben erlebt haben, gestartet hat. Deshalb dieses hohe Maß an Betroffenheit und Fassungslosigkeit. Das hat nichts zu tun mit Gleichbehandeln oder Äquidistanz, sondern man kann es nicht fassen, dass der Justizminister der Republik zum Vorschlag, ein Sonderstrafrecht für Abgeordnete und Funktionsträger einzuführen, sagt, dieser Vorschlag sei sicherlich verfolgenswert. Es sei ein Vorschlag im Frühstadium, aber es gehe um die politische Diskussion darüber.

Meine Damen und Herren! Das müssen Sie sich einmal überlegen: Jener, der die Verantwortung für die Unabhängigkeit der Gerichte trägt, ist derjenige, der einem vom ersten Augenblick an so abstrusen Vorschlag wie jenem von Dr. Haider sofort, spontan – ich glaube ja nicht, dass es spontan war, ich glaube inzwischen, das war wohl abgesprochen, wohl geplant und wohl platziert – zustimmt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist auch der Grund für unsere Fassungslosigkeit und dafür, dass wir Herrn Dr. Böhmdorfer – ich habe bereits erwähnt, was er bisher geleistet hat – unser Misstrauen aussprechen werden. Deshalb haben die Grünen einen Misstrauensantrag eingebracht. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen gefährlicheren Verfassungsunfug – um mit den Worten von Professor Heinz Mayer zu sprechen – und ein wahreres Gesicht, als es die FPÖ mit diesem Vorschlag gezeigt hat, gibt es wohl nicht. Das schlägt dem Fass den Boden aus! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es soll uns nichts Ärgeres passieren!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe schon einiges erlebt im Zusammenhang mit der "Dritten Republik" – jetzt nicht das ansprechend, was Herr Dr. Haider über die Vergangenheit und seine Wertschätzung gegenüber SS-Angehörigen und so weiter gesagt hat oder die "ordentliche Beschäftigungspolitik" – an Äußerungen zum Zustand der Republik und zum Verfassungsgefüge insgesamt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe schon ärgere Dinge erlebt!) Einen gravierenderen Anschlag auf unsere Demokratie hat es noch nicht gegeben, und das ist das, was die schwarz-blaue Regierung jetzt macht, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Können Sie sich noch daran erinnern, dass Sie den Freiheitlichen die Schuld an den Briefbomben gegeben haben?!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche mir immer vorzustellen, was jetzt die anderen Europäer über uns reden. Was denken die sich über Österreich, nachdem wir – ob zu Recht oder zu Unrecht sei in diesem Zusammenhang dahingestellt – sozusagen im Visier der Beobachtung ganz Europas, was heißt ganz Europas, der ganzen Welt stehen, wenn solche Vorschläge kommen, wenn der Justizminister der Republik das als sicherlich verfolgenswert und tauglich für eine politische Diskussion in einem Frühstadium bezeichnet?! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Können Sie sich noch erinnern, dass Sie sagten, alle Freiheitlichen gehörten 20 Jahre eingesperrt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das geht entschieden zu weit! Vorschläge dieser Art, Denkmuster dieser Art sind nur totalitären Strukturen bekannt und in der Vergangenheit auch nur in totalitären Strukturen vorgekommen. Das ist das, was sie gefährlich macht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Es geht noch weiter. Die ganze Geschichte hat eine Fortsetzung gefunden: Der blau-schwarze Bundeskanzler dieser Republik sagte dazu heute – einen Tag danach! – lapidar, er halte es für ein beginnendes Sommerthema. (Abg. Großruck: So wie er es verstanden hat! – Abg.


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