Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 26. Sitzung / Seite 40

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(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das ist auch Ihr politisches und ideologisches Problem, dass Sie nicht mehr eine Gesinnungs-Sozialpolitik betreiben, sondern eine nach dem Wählerverhalten. Dort, wo Sie sich von der Sozialpolitik Wahlerfolge erwarten, sind Sie sozial – dort aber, wo Ihre Interessen auf dem Spiel stehen, können Sie durchaus auch auf der Seite des Kapitals oder der Reichen stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Kollege Gaßner – Sie können es ja hier widerlegen –, Sie haben im Ausschuss gesagt: Sie möchten, dass das bisherige Pro-Kopf-Aufkommen in den neuen Zuteilungen zementiert bleibt. – Ich persönlich spreche mich dafür aus, dass wir in der Getränkesteuer auf Grund der völlig veränderten Einkaufsgewohnheiten, die wir haben, irgendwann einmal – wenn die Übergangszeiten für die Gemeinden, auch für die reichen Gemeinden, verkraftbar sind – zu einer gleichen Kopfquote kommen, zumindest aus den bisherigen Teilen, die aus der handelsbezogenen Getränkesteuer gekommen sind. Sie haben gesagt, Sie möchten das nicht – ja, weil Sie selbstverständlich dort, wo Ihre Interessen liegen, für die höheren Erträge und für die finanzstarken Gemeinden sprechen.

Abschließend möchte ich dazu nur ein Beispiel bringen, das ich in meiner Nachbarschaft erlebe: zwei sozialdemokratisch geführte Gemeinden in der Nachbarschaft, eine davon eine Bezirkstadt mit 10 000 Einwohnern, dorthin fließt die Kaufkraft im Getränkebereich des gesamten politischen Bezirkes; daneben eine sozialdemokratisch geführte Gemeinde mit weniger als 1 000 Einwohnern, in der sich kein einziges Geschäft mehr befindet. Das Ergebnis besteht darin, dass der eine Bürgermeister – beide sind aus der gleichen Fraktion – alle Verbrauchssteuern seiner Gemeindebürger sozusagen zu seinem Nachbarn abliefert, der eine viel höhere Finanzkraft hat und viele andere Möglichkeiten hätte, seine kommunalen Aufgaben zu finanzieren.

Dieser Schritt kann sicherlich nur die Einleitung einer Entwicklung sein, mit der wir im Finanzausgleich nicht nur den abgestuften Bevölkerungsschlüssel in Frage stellen, weil er überhaupt nicht mehr den Nachkriegsbedingungen gerecht wird (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), sondern dazu gehört auch, in Bezug auf das Verbrauchssteuer-Aufkommen eine Politik zu machen, in der einigermaßen gerecht nach den Strukturentwicklungen, die wir in dieser Republik haben, vorgegangen wird.

Sie haben überhaupt noch nicht bewertet, was es im Bereich von Verbrauchssteuern bedeutet, in grenznahen Bereichen des Binnenmarktes wirtschaften zu müssen, wenn dort überhaupt keine Einkaufsmöglichkeit mehr in Österreich besteht, weil es schon einen Kilometer jenseits der nicht mehr existierenden Binnenmarktgrenze möglich ist, um 20, 30 oder 40 Prozent billiger einzukaufen.

Frau Kollegin Lichtenberger von den Grünen ging überhaupt so weit, dass sie Gegenteiliges zur Positiv-Wirkung behauptet hat. Mit der Anhebung der Alkoholsteuer werden nicht die Qualitätsprodukte teurer und der Fusel billiger, sondern gerade umgekehrt. Beim Qualitätsprodukt – bei Obstbränden und in anderen Bereichen – ist heute so viel an Dienstleistung und Handarbeit nötig, dass die Getränkesteuer darauf nicht Rücksicht genommen hat. Mit der Alkoholabgabe, die auf den konzentrierten Anteil von Alkohol abzielt, werden aber Produkte besteuert, die hoch alkoholisch sind – von mir aus von minderer Qualität, aber ich nehme das Wort "Fusel" nicht in den Mund –, und zwar wesentlich höher, als das bei der Getränkesteuer der Fall war.

Kommen wir daher bitte zurück zur Sachlichkeit! Bemühen wir uns auch im Sinne von Steuergerechtigkeit, im Bereich von Verbrauchssteuern die Steuern dort zu belassen, wo die Bürger, die sie bezahlen, tatsächlich etwas davon haben. Die Verbrauchssteuern von Einkäufern aus kleinen Gemeinden in die reichsten Gemeinden zu verlagern, die damit auch viele Luxusausgaben tätigen können, und in Kleingemeinden nicht einmal die Finanzierungsgrundlage für die lebensnotwendige Infrastruktur zu belassen – das ist Ihre Ideologieumkehr und gehört zu dem, was Sie zu den sonstigen Fragen der Regierungsarbeit hier in den letzten Tagen behauptet haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.13


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