Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 26. Sitzung / Seite 50

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11.34

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wäre ich heute den ersten Tag im Parlament (Abg. Schwarzenberger: Wäre!), so würde ich wirklich vollen Herzens meinen: Großartig, welche Kämpfer es auf Seiten der SPÖ für die finanzschwachen Gemeinden gibt, großartig, wie ein ehemaliger Finanzminister, ein ehemaliger Finanzstadtrat auch der Stadt Wien, wie ein wieder zum Bürgermeister der Gemeinde Purkersdorf gewählter Kollege, nämlich Herr Kollege Schlögl, den ich als Bürgermeister durchaus schätze, auch als Innenminister, damit das klargestellt ist, heute entdeckt haben, wie wichtig die Finanzkraft, die Ausstattung der Kommunen mit entsprechenden Finanzmitteln ist! Plötzlich ist es notwendig, einen hundertprozentigen Getränkesteuerersatz zu haben, weil die Budgeterstellung der Kommunen in Gefahr gerät. – Ja, sage ich, richtig!

Meine Damen und Herren! Arbeitsplätze. Die Wirtschaft wird angerufen und gefragt, welche Auswirkungen dieser Ersatz, den wir heute vorlegen, haben könnte oder haben wird.

Ich bin auch ganz begeistert von Kollegin Moser von den Grünen, die meinte, der Schlüssel für die Beseitigung der Ungerechtigkeiten liege im abgestuften Bevölkerungsschlüssel. – Selbstverständlich, meine Damen und Herren!

Nur: Ich bin ein bisschen länger hier im Parlament. Da habe ich zum Beispiel die Kopie eines Briefes des Österreichischen Gemeindebundes an Herrn Finanzminister Lacina, datiert mit 25. Mai 1994, worin der damalige Bundesminister für Finanzen gebeten wird, dringend dem Gemeindebund mitzuteilen, ob im Zuge des EU-Beitrittes – damals stand dieser bevor – an eine Abschaffung der Getränkesteuer, wie einer Presseaussendung des damaligen Finanzministers zu entnehmen war, gedacht sei. Da müsste man doch – ist im Schlusssatz zu lesen – die österreichischen Kommunen vor der Abstimmung über einen EU-Beitritt darüber informieren. – Eine Antwort des geschätzten Finanzministers Lacina wurde bis 3. Juni 1994 erbeten, meine Damen und Herren.

Natürlich hat der damalige Finanzminister Lacina geantwortet, wie es sich gehört, allerdings sehr spät, nämlich am 7. Juli 1994, und nicht, wie ersucht, einen Monat später, sondern mehrere Monate später. Aber großen Trost hat er gespendet, indem er schreibt:.

"Auf Ihr Schreiben vom 25. Mai 1994 betreffend Getränkesteuer teile ich Ihnen folgendes mit:

Die Getränkesteuer bildet eine wesentliche Basis der Gemeindefinanzierung in Österreich. Eine Änderung in diesem Bereich ist nicht beabsichtigt.

Auch der Beitritt zur EU wird keine Anpassungen im Bereich der Getränkesteuer erfordern, da die Getränkesteuer in ihrer jetzigen Form durchaus mit dem europäischen Recht vereinbar ist." (Rufe bei der ÖVP: Ach!) "Diese Auffassung wurde von Fachleuten der Kommission der EU in Brüssel bestätigt.

Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung" (Abg. Schwemlein: Beschäftigen Sie sich mit der Zukunft, nicht mit der Vergangenheit!)

So, meine Damen und Herren, jetzt stelle ich fest: Auf Grund eines Briefes des Herrn Bundesministers für Finanzen Lacina wird sich der Gemeindebund damals natürlich gesagt haben: Wunderbar, die Sache ist in Ordnung, wir haben keinen Handlungsbedarf, wir brauchen daher nicht vorsorglich Änderungen, Anpassungen oder etwas anderes vorzunehmen, wenn ein Mitglied – und immerhin war Lacina ein führendes Mitglied, das wird doch hoffentlich nicht bestritten werden –, wenn ein führendes Mitglied der Bundesregierung und ein anerkannter Finanzexperte mit Brief und Siegel mitteilt, es sei alles bestens. (Abg. Dr. Pumberger: Man hätte besser auf die Freiheitlichen hören sollen als auf diesen Finanzminister!)

Nun, wie sieht die Wahrheit aus, meine Damen und Herren? – Der EuGH hat diese Getränkesteuer aufgehoben, weil das – und das sagen uns viele, die damals dabei waren – bereits angekündigt war. Meine Frage: Wer hat wen getäuscht? Hat der Herr Bundesminister für Finanzen


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