Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 75

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tun, weil es in jedem Fall um die Menschen geht, um eine vernünftige Weiterentwicklung und nicht um irgendeine Effekthascherei, wo immer sie stattfinden soll. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das wahre Problem, das Sie haben, ist der Wanderungsprozess von der Macht, von der Regierung hin zur Opposition. Ich verstehe Ihren Schmerz zum Teil, aber damit werden Sie eine Zeit lang leben müssen; manche meinen, je länger je besser, aber das habe ich nicht zu beurteilen. (Abg. Schwarzenberger: Mindestens zehn Jahre!) Jedenfalls müssen Sie auch mit Ihren internen Regelungen im Klub fertig werden. Da gibt es ja einige Kolleginnen und Kollegen, die von Ihrem Klubvorstand ihrer Ämter enthoben worden sind. Sie sind stocktraurig und vielleicht deshalb manchmal so ungehalten in ihren Äußerungen.

Geben wir doch Antworten auf die offenen Fragen! – Wir haben heute in Österreich rund 1 Million Menschen – das wurde schon wiederholt gesagt –, die an oder unter der Armutsgrenze liegen. Wir sind dabei, auch diesen Menschen die Hand zu reichen und sie am Wohlstand teilhaben zu lassen. – Sind Sie dagegen? Wir wollen das!

Es gibt zwei Dinge, über die Sie – trotz Opposition – nicht hinwegkommen. Ich zeige zunächst einmal die demographische Entwicklung auf (der Redner hält eine Tafel mit dem Titel "Lebenszyklus Österreich: 1970 – 1990 – 2030" in die Höhe): Im Jahre 1970 umfasste die Ausbildungszeit 19 Jahre, heute sind es 22 Jahre. Das ist gut so.

Im Jahre 1970 betrug die Arbeitszeit 44 Jahre, heute beträgt sie nur 36 Jahre. Darüber ist nachzudenken. Im Jahre 1970 machte die Versorgungszeit mit Pensionen 14 Jahre aus, heute sind es 23 Jahre. Gut so. Aber bitte, darauf müssen wir doch eine Antwort geben! Wir können doch nicht so tun, also ob das alles nicht stattfinden würde!

Denken wir auch einmal daran, dass unsere Volkswirtschaft das leisten muss, das hereinbringen muss! Wir können doch nicht dauernd mit Vorgriffen auf die Zukunft leben, zu Lasten unserer Kinder! Das ist doch nicht verantwortungsbewusst! Und deshalb lade ich Sie ein, uns bei der Bewältigung dieser Problematik zu begleiten.

Zur Pensionsreform. Nehmen Sie – Herr Nürnberger ist jetzt nicht anwesend – Abstand vom Aufzeigen von Einzelfällen! Die gibt es in jedem System, die gibt es im Leben immer. Nehmen Sie etwas her, was wir herzeigen können, beispielsweise die Nettoersatzrate. Diese beträgt in Österreich noch immer an die 80 Prozent – in Amerika nur 35 Prozent, in Deutschland 70, in Frankreich 50 und in Großbritannien 45 Prozent. Darauf müssen wir unseren Blick richten, und wir müssen danach trachten, die Systemläufe zeitgerecht zu korrigieren. Wenn wir das nämlich nicht tun, dann werden wir das morgen mit brutalen Beitragsbelastungen – wer immer sie zahlt – einbringen müssen. Das würde unsere Volkswirtschaft, das würde unseren Wirtschaftsstandort schwächen, und die Verlierer wären wir alle. Das ist nicht das Programm! Nein, mit uns nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Das Nächste: Da gibt es eine Publikation "Gemeinschaft statt Egoismus" des ÖGB. Darin schreiben Sie: Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters. – Das wollen wir ja maßvoll tun. Warum sind Sie dagegen? Warum gehen Sie mit uns nicht diesen Weg der Vernunft?

Wir haben im Jahre 1988 begonnen, eine Pensionsgrundsatzdiskussion zu führen. Es gab im Jahre 1991 die erste Publikation. Im Jahre 1993 gab es die ersten Reformansätze unter Hesoun. Im Jahre 1995 gab es eine weitere Diskussion. Im Jahre 1997 gab es eine Pensionsreform. Da waren Sie überall mit dabei. Warum tun Sie heute so, als ob das alles so schlimm und furchtbar wäre?

Bekennen wir uns doch zu dem, was es letzten Endes ist: nicht der Wandlungsprozess vom Paradies über das Fegefeuer in die Hölle, sondern der Wandlungsprozess in eine ganz reale Welt hinein, in der wir alle Verantwortung tragen – Sie in der Opposition genauso wie wir in der Regierung! Wir nehmen die Herausforderung ernst im Interesse des Landes und seiner Bürger!


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