Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 91

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In den vergangenen Jahren propagierten Sie landauf, landab die Einführung des Kinderschecks. Sie erinnern sich: In Kärnten hieß es, 6 000 S pro Monat für jedes Kind. Und dann kam die Ankündigung des "Karenzgeldes für alle". Damit gingen Sie auf Wählerfang. Alle Bedenken, alle Einwendungen seitens der SPÖ, wie das finanziert werden soll, haben Sie einfach vom Tisch gewischt. Sie haben nicht gefragt: Wer bringt eigentlich das Geld dafür auf? – Sie wissen offenbar nicht, dass das 83 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind. (Zwischenruf der Abg. Haller. )

Sie meinten, der Familienlastenausgleichsfonds sei eine nie versiegende Quelle, eine Quelle, deren Goldregen man auf alle, auch auf jene, die ihn nicht brauchen, verteilen kann. (Rufe bei den Freiheitlichen: So wie die VOEST! "Konsum"!) Und das bedeutet nichts anderes, als dass die Textilarbeiterin der Industriellengattin, der Gattin der Bartensteins und der Prinzhorns – ich bin nicht ganz sicher, ob er überhaupt eine Gattin hat – das Karenzgeld bezahlt. – So viel zum Karenzgeld. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Fischl: Wie viel Tausend "Konsum"-Arbeiter habt ihr vernichtet? 17 000, 22 000 ArbeiterInnen?)

Um dem Ganzen einen Schub zu geben, haben Sie im September 1999 ein Familien-Volksbegehren gestartet. (Abg. Fischl: Sie predigen Wasser und trinken Wein!) Und dann haben Sie ein Koalitionsübereinkommen abgeschlossen, das die Einführung des Karenzgeldes mit 1. Jänner 2002 vorsieht. (Abg. Fischl: Ihr seid sozialpolitische Geisterfahrer!)

Meine Damen und Herren! Wir haben uns hier im Parlament in einem Unterausschuss – in einem eigenen Unterausschuss zur Familie – mit 24 Experten monatelang viele Stunden lang mit den Forderungen des Familien-Volksbegehrens, Kinderbetreuungsgeld und "Karenzgeld für alle", auseinander gesetzt. Jetzt fragt man sich: Wozu der Aufwand? Was ist das Ergebnis dieses Aufwandes von 24 Experten? – Nichts. Keine Beschlussfassung! (Abg. Wattaul: Ihr habt nichts zusammengebracht! Gar nichts! 30 Jahre habt ihr nichts zusammengebracht!)

Ich hatte mir vorgestellt, dass die Freiheitlichen und die ÖVP das Kinderbetreuungsgeld beschließen. – Nein, sie konnten sich nicht einigen. Sie haben das Ganze wieder an den Familienausschuss rückverwiesen.

Verblüfft hört man dann die Aussagen des Herrn Klubobmannes Westfahl vom 14. Mai 2000. (Abg. Fischl: "Westfahl"? Wer ist das?)  – Er sitzt sonst da, wo Sie jetzt sitzen. Am Sonntag in der Sendung "Zur Sache" sagte Westenthaler (Abg. Fischl: Aha!)  – Sie versprechen sich ja nicht, Herr Ex-Präsident (Abg. Fischl: Ich habe schon gesagt, Sie sind sozialpolitische Geisterfahrer!)  – vor einem großen Fernsehpublikum: Also das Kindergeld kommt.

Im "NEWS" vom 11. Mai 2000 war auch zu lesen, dass die neue Generalsekretärin, die lächelnde Theresia Zierler verkündete: "Am 1. Juli kommt das Kinderbetreuungsgeld." – Am 1. Juli! – Und die zwei Karenzjahre kommen auch am 1. Juli (Abg. Schwarzenberger: 2002!), und das dritte Karenzjahr kommt auch am 1. Juli! – Gut, sie hat nicht dazugesagt: 2000 oder 3000. Aber sie hat jedenfalls gesagt, dass es am 1. Juli kommt. Also: Man ist verblüfft. (Abg. Wattaul: Wir bringen wenigstens etwas zusammen!)

Frau Sickl hat im Budgetausschuss gesagt: Wir stehen unter keinem zeitlichen Druck, denn in Wirklichkeit kommt das Ganze erst mit 1. Jänner 2002. – Aber die Frau Generalsekretärin weiß das sicher besser. Da haben Sie, Frau Minister, vielleicht etwas verschlafen, denn sie sagt, dass es am 1. Juli kommt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Sickl. )

Man fragt sich aber: Wo sind die gesetzlichen Grundlagen dafür, dass das schon am 1. Juli 2000 kommt? Auf Grund welcher gesetzlicher Grundlagen kommt das? – Es wäre doch wirklich einzigartig, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erstmals auf Grund von öffentlichen Ankündigungen der Freiheitlichen Partei plötzlich zwei Jahre Karenz in Anspruch nehmen können – ab 1. Juli! Die Rechnung wird Frau Zierler zahlen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)  – Und die Arbeitgeber werden sich freuen.


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