Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 90

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Die ersten 100 Tage der neuen Regierung haben es bewiesen: Das Regierungsprogramm ist ein Arbeitspapier, das schnell und effizient umgesetzt wird, und zwar trotz aller Störversuche aus der näheren und ferneren Umgebung.

Gerade im Justizressort haben die ersten 100 Tage Regierungsarbeit die Umsetzung wesentlicher Vorhaben gebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich denke zum Beispiel an die Reform der Exekutionsordnung, ich denke an die HGB-Novelle – Stichwort Rechnungslegung –, ich denke an den Fonds für Prozessbegleitung von minderjährigen Opfern von Gewaltdelikten, an Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung und an die Krida-Reform.

Die Rechtsordnung dient der Sicherung und Entfaltung der Freiheit des Einzelnen, was auch die Freiheit, sich aktiv unternehmerisch ins Wirtschaftsleben einzubringen, beinhaltet. Auch unter diesem Aspekt ist die Krida-Reform ein wichtiger Schritt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das rechtspolitische Ziel der Krida-Reform – es wurde schon dargelegt – ist es, jene wirtschaftlich verfehlten Handlungen, die im Wirtschaftsleben auch normalerweise sorgfältig agierenden Unternehmen unterlaufen können, in Zukunft als bloß leicht fahrlässig einzustufen und straffrei zu stellen.

Der Tatbestand der fahrlässigen Krida wird durch die eng gefasste Bestimmung der grob fahrlässigen Krida ersetzt. Das bedeutet, sehr geehrte Damen und Herren, dass das Eingehen von wirtschaftlichem Risiko im unteren Bereich der Strafbarkeit entkriminalisiert wird. Herr Dr. Ofner und Frau Dr. Fekter haben ja auch schon darauf hingewiesen. In der Marktwirtschaft ist die Förderung der Bereitschaft zur Übernahme von wirtschaftlichem Risiko notwendig. Demgegenüber ist echte Misswirtschaft, insbesondere gläubigerschädigendes Verhalten zu pönalisieren.

Wir wissen es natürlich, sehr geehrte Damen und Herren, die Durchsetzung von Gläubigerinteressen ist jedenfalls auch mit strafrechtlichen Verurteilungen nicht unbedingt möglich, es sei denn unter dem Blickwinkel der Prävention.

§ 159 StGB betrifft Akteure des Wirtschaftslebens, worunter nach meiner Definition auch die so genannten Neuen Selbständigen, die mehr oder weniger freiwillig aus dem Angestelltenverhältnis in die Selbständigkeit gewechselt sind, fallen.

Strafbar wird in Hinkunft nicht jedes Fehlverhalten sein, das zur Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise zur Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen führt, sondern nur grob fahrlässige Verhaltensweisen, die grundsätzlich kridaträchtig sind. Und was kridaträchtig ist, wird im Absatz 5 taxativ aufgezählt.

Selbstverständlich werden die Auswirkungen der neuen Bestimmungen in Richtung Entkriminalisierung der einfachen fahrlässigen Krida genau zu beobachten sein. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Justiz wird in Zukunft genau prüfen müssen, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Die Justiz wird genauso prüfen müssen, ob die Handlungen tatsächlich kridaträchtig sind und ob in der Praxis durch Absatz 5 Ziffern 4 und 5 tatsächlich der Kreis der Akteure eingeschränkt wird. Sachverständigengutachten sollten jedenfalls im Sinne der Kostenökonomie nicht beziehungsweise nicht mehr unbedingt an der Tagesordnung sein.

Die Frage, ob die Zuständigkeit der Bezirksgerichte zu einer Effizienzsteigerung im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung beziehungsweise einer Reduktion von Verfahren und damit von Kosten beitragen kann, wird in der Praxis zu beurteilen sein. Die Bezirksgerichtszuständigkeit alleine bedeutet naturgemäß noch nicht Entkriminalisierung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zusammenfassend: Die Krida-Reform ist ein wichtiger Schritt zugunsten des Wirtschaftsstandortes Österreich. Und ich bitte Sie daher, Ihr Abstimmungsverhalten daran zu orientieren. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

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