Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 30. Sitzung / Seite 104

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liche Betrachtungsweise zwischen Politik und Wissenschaft hin: "Während in der politischen Diskussion die Perspektive überwiegt, von den im Angestelltengesetz definierten Tätigkeiten ausgehend auf eine (fehlende) sachliche Rechtfertigung unterschiedlicher Beschäftigungsbedingungen zu schließen, geht es in der wissenschaftlichen Betrachtung darum, eine Bestandsaufnahme und Interpretation der Unterschiede und Gemeinsamkeiten der aktuellen Situation der beiden Arbeitnehmergruppen zu leisten. Die Entstehung der Trennung in ArbeiterInnen und Angestellte, das Aufzeigen der Folgewirkungen und vor allem die Überprüfung klischeehafter Zuschreibungen von Tätigkeiten oder Vor- und Nachteilen in den Regelungen der Dienstverhältnisse stehen dabei im Mittelpunkt." (Seite 6) In diesem Sinne ist die Studie primär als Befund und Bestandsaufnahme der soziologischen und rechtlichen Situation der Arbeiter und der Angestellten zu sehen, die eine Entscheidung für die im Entwurf gewählte Konzeption nahelegt und rechtfertigt. Die unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Bedingungen für ArbeiterInnen und Angestellte sind historisch bedingt. Wie die Studie aufzeigt, waren die Grenzziehungen für die Einbeziehung in den Angestelltenstatus von Anfang an von politischen Entscheidungen geprägt. Gekennzeichnet ist die Grenzziehung einerseits durch die seit Gesetzwerdung des Angestelltengesetzes nicht unumstrittene Tätigkeitsbeschreibung in § 1, andererseits durch die Aufzählung der Unternehmen in § 2; während die nähere Determinierung der Tätigkeitsbeschreibungen, insbesondere der "höheren nicht kaufmännischen Tätigkeiten" der Judikatur überlassen blieb, wurde die Aufzählung der Unternehmen wiederholt verändert bzw. erweitert (siehe auch Art. II des AngG); darüber hinaus wurde die Geltung des Angestelltengesetzes in den verschiedenen Ausgliederungsgesetzen ausdrücklich angeordnet, sodaß eine vollständige Auflistung der Unternehmen aus den mit "Anwendungsbereich" überschriebenen Paragraphen des Angestelltengesetzes nicht mehr ablesbar ist. Trotz der unscharfen Abgrenzungskriterien findet sich die auf das Angestelltenrecht verweisende Trennung von Arbeitern und Angestellten sowohl im Sozialversicherungsrecht als auch im Kollektiv- und Betriebsverfassungsrecht. An dem Befund von Mayer – Maly aus dem Jahr 1970, "daß die soziologischen Grundlagen der alten Unterscheidung noch immer wirksam sind", hat sich hinsichtlich dieser Rechtsmaterien nichts geändert. Dennoch verlangte er schon damals die Prüfling, in welchem Ausmaß nivellierende Eingriffe des Gesetzgebers, insbesondere im Rahmen des Vertragsrechtes sinnvoll erscheinen (vgl. Mayer – Maly, Österreichisches Arbeitsrecht, 1970, S. 59). Bereits in seinem Gutachten für die Kodifikationskommission aus dem Jahr 1969 kommt Mayer-Maly am Ende der rechtsvergleichenden Darstellung des ausländischen Rechts in der Frage der Abgrenzung zwischen Arbeitern und Angestellten zu dem Schluß, "daß es unerläßlich ist, die Bewertung der Differenzierungsformen und Differenzierungskriterien mit einer Prüfung und Bewertung der an die Unterscheidung zu knüpfenden Rechtsfolgen zu verbinden" (vgl. Mayer – Maly, Arbeiter und Angestellte, Springer-Verlag 1969, S. 37).

Durch die Vereinheitlichung des Urlaubsrechts im Jahr 1976 und durch das Arbeiter – Abfertigungsgesetz im Jahr 1979 hat der Gesetzgeber dem Anliegen der rechtlichen Gleichstellung zwischen Arbeitern und Angestellten ebenso Rechnung getragen, wie in späteren arbeitsvertragsrechtlichen Gesetzen, wie z.B. Betriebspensionsgesetz, Eltern- Karenzurlaubsgesetz, Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, die eine einheitliche Geltung für alle – der Regelungskompetenz des Bundes unterliegende – Arbeitsverhältnisse, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen, vorsehen. Im Entgeltfortzahlungsgesetz aus dem Jahr 1974, das für nicht dem Angestelltenrecht unterliegende Arbeitnehmer eine Vereinheitlichung und Verbesserung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bei Arbeitsunfall auf gesetzlicher Ebene brachte, ist jedoch eine vollständige Angleichung an das Angestelltenrecht nicht erfolgt. Vereinzelt finden sich in Kollektivverträgen Verbesserungen im Vergleich zum EFZG; so wurde z.B. im Metallgewerbe wie auch in der -industrie die Anspruchsdauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall um zwei Wochen verlängert. Verbesserungen im Beendigungsrecht, insbesondere hinsichtlich der Kündigungsfristen, und bei der Entgeltfortzahlung wurden bisher ebenfalls auf kollektivvertraglicher Ebene erzielt; so hat z.B. der Kollektivvertrag für die Metallindustrie vom 20.10.1997, Registerzahl KV 56/1998, die Kündigungsfristen – wenngleich in Wochen ausgedrückt – an jene der Angestellten angeglichen, zusätzlich Kündigungstermine eingeführt und schließlich eine "volle Entgeltfortzahlung" von 15 bis 27 Wochen (je nach Dienstzeit) pro Arbeitsjahr erreicht. Der im Dezember 1998 abgeschlossene Kollektivvertrag der Österreichischen Elektrizitätswirtschaft, Registerzahl KV 315/1997, sieht ebenfalls eine arbeitsrechtliche


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