Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 33. Sitzung / Seite 39

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Wir stimmen dieser erweiterten Gefahrenerforschung zu. Wir und auch unsere Rechtsexperten sind der Ansicht, dass der Rechtsschutzbeauftragte eine absolute Garantie dafür ist, dass es keine Missbrauchsmöglichkeit gibt, denn es ist seine Unabhängigkeit garantiert. Es ist auch garantiert, dass er die Datenschutzkommission anrufen kann, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Er übt eine begleitende Kontrolle aus. Es gibt einen Bericht an den Innenminister, und der Innenminister hat dem Unterausschuss Bericht zu erstatten, wenn die Abgeordneten das verlangen. Und ich bin überzeugt davon, dass die Abgeordneten das auch verlangen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie hier heute von einem "zahnlosen Tiger" reden, der der Rechtsschutzbeauftragte sei, dann reden Sie gegen Ihre Überzeugung. (Abg. Schwemlein: Nein!) Das ist Ihr Mittel, sich rauszudrücken. Ihnen geht es nur darum, nicht einem Gesetz zuzustimmen, das die rot-blaue Regierung initiiert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Er hat das Wort. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt kommt wieder die Vernaderung!)

10.26

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich greife gern das Stichwort "Vernaderung" auf, weil mit diesem Gesetz das erste Mal so etwas wie eine gesetzliche Vernaderungsermächtigung erteilt wird. (Abg. Kiss: So ein Unsinn!) Ich werde mich dann im Verlauf dieser Debatte noch an einige der Hauptbetroffenen in diesem Hause wenden, nämlich an die Bürgermeister, insbesondere jene der ÖVP, für die zum ersten Mal ein gesetzlicher Vernaderungszwang verankert wird.

Aber lassen Sie mich eingangs einmal etwas völlig anderes feststellen. Ich habe bis jetzt noch nicht erlebt, dass der Nationalrat mit der festen Absicht seiner Mehrheit zusammentritt, einen Verfassungsbruch zu begehen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Woher beziehen Sie diese Überlegung?)

Das ist neu, das hat es in dieser Art und Weise noch nie gegeben (Abg. Kiss: Wer sagt das?), dass sich Abgeordnete in dieses Haus setzen und sagen: Die Mehrheit der Verfassungsrechtler mag gegen uns sein, die Richtervereinigung, die Rechtsanwaltskammer, alle mögen auf die Verfassungswidrigkeit der beiden vorliegenden Gesetze hinweisen (Abg. Kiss: Unsinn, völliger Unsinn!), aber uns ist das egal, wir fahren drüber, vielleicht kommen wir irgendwie durch, denn was ist schon die Verfassung, wenn wir in diesem Hause die Mehrheit haben! – Das ist eine völlig neue politische Kultur. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

Das erleben wir in zwei Parlamentstagen jetzt zum dritten Mal. Die Volksbefragung ist wahrscheinlich verfassungswidrig. (Abg. Kiss: "Wahrscheinlich"!) Der Verfassungsrechtler Professor Öhlinger argumentiert, dass die so genannte Pensionsreform mit großer Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig ist. Und heute beschließen Sie zwei verfassungswidrige Gesetze. Drei Mal das Risiko von Verfassungsbruch durch die Mehrheit dieses Hauses – und nicht einmal ein Wimpernzucken, nicht einmal ein Rest, ein minimaler, mikroskopisch kleiner Rest eines schlechten Gewissens. (Abg. Jung: Vier Mal!)

Was geht eigentlich in diesem Land vor? – Straftarife für Medien, Versuche, den ORF gleichzuschalten, Strafandrohungen gegen Abgeordnete bei Schulterschlussverweigerung, Klagswellen gegen Kritiker dieser Regierung – Ausgangspunkt ist in erster Linie die sattsam bekannte Kanzlei Böhmdorfer – und jetzt zwei Überwachungsstaatgesetze. Das fügt sich zu dem Bild einer Republik Österreich, die sich aus dem Demokratisierungsprozess der Europäischen Union weitgehend verabschiedet hat. Das ist der heutige Eindruck. Während in Straßburg und Brüssel ein Europäischer Grundrechtekonvent tagt und versucht, die europäische Einigung auf eine Basis von Grund- und Bürgerrechten zu stellen, wird in diesem Parlament genau das Gegenteil beschlossen. (Abg. Kiss: Wobei der Voggenhuber ein übles Spiel spielt!)

Herr Kollege Kiss! Vielleicht hat Johannes Voggenhuber die Möglichkeit, in diesem Konvent irgendein Spiel zu spielen. (Abg. Kiss: Ein übles!) Die Regierungsvertreter haben es nicht, da


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