Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 33. Sitzung / Seite 168

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Erfahrungen, die mit dem UVP-Gesetz schon gemacht worden sind, nicht um. (Abg. Kopf: Haben Sie den Evaluierungsbericht gelesen?) Das Vorverfahren, das der Früherkennung möglicher Problempunkte dient – darauf komme ich noch zurück –, soll praktisch nicht mehr stattfinden. Dasselbe gilt für die Abschaffung der Parteistellung von Bürgerinitiativen. Und da Sie von den Regierungsparteien zweifellos im Hinterkopf haben, eventuellen Projektwerbern wirklich große Gegner zu ersparen, zetteln Sie einen Kleinkrieg zwischen Behörden und Anrainern an. Eine Verlängerung und Verteuerung des Verfahrens durch Verschleppung ist damit vorprogrammiert.

Ein wesentlicher Kritikpunkt – das wurde heute hier im Rahmen dieser Debatte schon öfters ausgeführt – ist die Anhebung von Schwellenwerten für die UVP-Pflicht von Genehmigungsverfahren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Insbesondere wird die Massentierhaltung gefördert. Sie wollen die Schwellenwerte für Hühnerhaltung um die Hälfte erhöhen und jene für die Schweinehaltung verdoppeln.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Niederösterreich und in der Steiermark gibt es Fälle, in denen die Schwellenwerte des bestehenden UVP-Gesetzes überschritten, UVP-Verfahren verschleppt oder gar nicht erst eingeleitet wurden. Ich nenne hier als Beispiel die Massenschweinezucht in der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten und den Legehennenstall in der Gemeinde Bad Waltersdorf. In beiden Fällen hat der unabhängige Umweltsenat gegen die Agrarlobby und somit für die betroffene Bevölkerung entschieden.

Sehr geehrte Damen und Herren! ÖVP und FPÖ preisen das Kumulationsprinzip als Neuerung in ihrem Initiativantrag an. Gleichzeitig werden aber die Schwellenwerte – ich meine, diese sind zum Teil EU-widrig – erhöht, um genau dieses Prinzip außer Kraft zu setzen. Das UVP-Verfahren wird bis zur Unkenntlichkeit und Unsinnigkeit vereinfacht. Grundwasserschutz, Tierschutz, Schutz der Gesundheit und die Rechte der betroffenen Bevölkerung werden Wirtschaftsinteressen geopfert.

Ich sage Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren: Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser zum Beispiel in einer Stadt wie der Landeshauptstadt von Niederösterreich, St. Pölten, mit 50 000 Einwohnern ist allemal wichtiger als das Wirtschaftsinteresse eines einzelnen Massenschweinezüchters! (Ruf bei der ÖVP: Blödsinn!)

Auch wenn Sie es als "Blödsinn" bezeichnen, sage ich Ihnen: Gerade Sie von der ÖVP haben noch vor einigen Jahren den "Feinkostladen Österreich" hervorgehoben und beschworen. – Nun sieht es mehr nach riesigen Sauställen aus, die zum Himmel stinken, sehr geehrte Damen und Herren von der blau-schwarzen Einheitspartei.

Wenn Sie sagen, größere Produktionseinheiten seien auf dem EU-Markt notwendig, um wirtschaftlich arbeiten zu können, dann müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, sehr geehrte Damen und Herren von der blau-schwarzen Einheitspartei, warum Sie glauben, dass diese nicht im Einklang mit der Bevölkerung und mit der Natur geschaffen werden können.

Die Einführung eines vereinfachten UVP-Verfahrens ohne Umweltverträglichkeits-Gesamtgutachten für sämtliche Gewerbe- und Industrieanlagen und Massentierhaltungen macht den Initiativantrag letztlich – ich sage das ganz klar und deutlich – zu einer Mogelpackung sondergleichen!

Ich stelle die Frage: Was soll ein UVP-Gesetz nützen, wenn es nicht zur Aufarbeitung von Konflikten geeignet ist und dem Schutz von Mensch und Umwelt dient? – Der Initiativantrag betreffend UVP-Gesetz, von der FPÖ und der ÖVP eingebracht, der heute hier durchgepeitscht werden soll, wird lebendes Recht – das wurde heute auch schon ein paar Mal richtigerweise angemerkt – zu totem Recht machen und die Mitbestimmungsrechte der Österreicherinnen und Österreicher beschneiden.


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