Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 62

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

kann, dass man so Blanko-Anträge in die Luft setzt, sondern man soll sich einmal überlegen, was man als Nächstes tun sollte und tun könnte zu Gunsten der ethnischen Gruppen in Österreich. Und dann sollte man daran gehen, das zu verwirklichen. Aber Blanko-Erklärungen zum Fenster hinaus, um draußen dann damit herumgehen zu können, wacheln zu können und zu sagen: Schaut, wir haben schon das Nächste auf der Tagesordnung!, das erscheint uns Freiheitlichen und auch mir persönlich nicht angebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn : Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 12 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung, wenn es recht ist. – Bitte.

12.26

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich nur Versöhnliches, Positives und Aufmunterndes zur Zukunft der österreichischen Volksgruppen sagen. Aber Harald Ofner hat leider mit seiner Bemerkung, dass er keine Blanko- ... – wie hat er gesagt? (Abg. Dr. Khol: Anfragen!)  –, Blanko-Aufforderungen entgegennehmen werde, meine harmonische Stimmung ein bisschen getrübt.

Außerdem sind leider nur ganz wenige Kolleginnen und Kollegen anwesend, selbst von der grünen Fraktion – aber wir sind immerhin mehr, denn wir sind ja fast die Hälfte –, wenn die österreichische Bundesverfassung geändert wird. (Abg. Dr. Khol: Die Hälfte seid ihr nicht! Ich denke doch, dass ihr zählen könnt! – Abg. Neudeck: Ein Drittel seid ihr!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass an einer so prominenten Stelle der österreichischen Bundesverfassung eine Änderung vorgenommen wird, nämlich im Artikel 8. (Abg. Dr. Khol: Vier von euch und 26 von den anderen!)

Herr Klubobmann Khol! Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen ist es abgesehen von Ihrem Menschenrechtssprecher und ein paar anderen wohl kein allzu großes Anliegen. Aber darum geht es mir jetzt nicht. Es geht mir um diese "Blanko-Versprechen".

Geschätzte restliche Kolleginnen und Kollegen! Wissen Sie, was eine Staatszielbestimmung ist? – Diejenigen, die im Ausschuss für Menschenrechte sind, wissen es. Dort wurde nämlich relativ lang, relativ ausführlich und relativ fundiert gemeinsam mit dem Herrn Staatssekretär darüber diskutiert. Eine Staatszielbestimmung ist eine programmatische Norm im Verfassungsrecht. In der Rechtssprache sagt man auch: Das sind Verfassungsaufträge. Staatszielbestimmungen sind Grundsätze, an denen sich dann das staatliche Handeln – das gesamte staatliche Handeln, nicht nur das des Bundes, sondern auch das der Länder, der Gemeinden – zu orientieren hat.

Es ist weitgehend unbestritten, dass sich aus einer Staatszielbestimmung noch keine subjektiven Rechte für den Einzelnen ergeben, die er ableiten könnte. Und genau das ist wesentlich im Zusammenhang mit Minderheitenrechten. Es wäre falsch, wenn jemand glaubte, dass, wenn wir heute den Artikel 8 der österreichischen Bundesverfassung ergänzen oder ändern, ein Angehöriger einer österreichischen Minderheit mit diesem Artikel 8 zum Verfassungsgerichtshof gehen könnte, um dort Rechte durchzusetzen. Dazu ist dieser Verfassungsauftrag nicht gedacht.

Meine Damen und Herren! Dieser Verfassungsauftrag ist ein Auftrag, der sich in allererster Linie an die Mehrheit der Bevölkerung richtet und den Minderheiten in Österreich, den Volksgruppenangehörigen eines zeigen soll, eines vor Augen führen soll und eines verdeutlichen wird: dass sie in der Mitte der Gesellschaft sind, ein Teil der Gesellschaft sind und nicht am Rand und an der Peripherie. Das wird ihnen durch die Tatsache deutlich gemacht, dass Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, an prominenter Stelle der Bundesverfassung den Schutz von Minderheiten programmatisch festlegen. (Beifall bei den Grünen.)

Minderheiten sind ein Teil von uns, Minderheiten sind ein Teil von Österreich! Dass dieser Reichtum, um den es hier geht, keine Selbstverständlichkeit ist, das hat die jüngere und jüngste Geschichte dieser Republik gezeigt, nämlich in der Zeit des Nationalsozialismus. Im Dritten


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite