Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 83

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Ich finde, es ist wirklich bestürzend, wenn man in dieser Auflistung sieht, dass es Länder gibt, die die Todesstrafe nach wie vor vollziehen, sich aber rühmen, ein besonders hohes rechtsstaatliches System zu haben, Länder, die sich rühmen, eine besonders hohe öffentliche Moral in ihren Gesetzen zu haben und den Menschenrechten eine besondere Bedeutung zukommen zu lassen.

Gerade die USA sind es, die ja immer sozusagen den Weltpolizisten spielen, aber trotzdem gibt es dort von den 50 Staaten 38, in denen die Todesstrafe nach wie vor aufrecht ist und auch vollzogen wird. Wenn auch im Laufe der vergangenen Jahre einzelne Staaten der USA die Todesstrafe eliminiert haben, so ist es in den letzten Jahren auch dazu gekommen, dass die Todesstrafe wieder eingeführt worden ist, das heißt, ein Rückschritt zu verzeichnen war.

Es ist schon mehrmals erwähnt worden: 98 Gefangene sind im Jahre 1999 sozusagen durch die staatliche Rechtsordnung umgebracht worden. Und was ich in diesem Zusammenhang besonders unmenschlich finde – wenn man davon überhaupt reden kann –, das ist, dass die Menschen zehn oder zwanzig Jahre lang mit dieser Todesdrohung leben müssen. Das, was man ursprünglich eigentlich als positiv gedacht hat, nämlich dass sie ein Rechtsmittel gegen die Verhängung und Vollziehung der Todesstrafe haben sollen, hat sich ins Negative verkehrt, indem diese Menschen praktisch jeden Tag auf die Vollstreckung ihres Todesurteils warten müssen.

Aus all dem Gesagten geht hervor, dass das Weltgewissen, das Amerika immer wieder spielen möchte, in der innerstaatlichen Praxis überhaupt keine Wirksamkeit und keinen Ausdruck findet.

Frau Kollegin Stoisits hat gemeint, dass es zu einer geringeren Zustimmung der Bevölkerung zur Todesstrafe in Amerika gekommen ist. Das ist schon richtig; von 80 Prozent ist die Zustimmung auf 66 Prozent gesunken, was aber noch immer sehr bemerkenswert ist. Jetzt habe ich jedoch gelesen, dass man jede Einmischung von außen als Bevormundung, als arrogante Bevormundung zurückweist. Das heißt, alle unsere Appelle werden in den USA offensichtlich völlig ungehört verhallen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frau Außenministerin, an die wir unseren Entschließungsantrag gerichtet haben, wird wahrscheinlich relativ wenig Möglichkeiten haben, weltweit auf eine Abschaffung der Todesstrafe hinzuwirken. Wir können aber die Frau Außenministerin hier vom Parlament aus verpflichten, dass sie alles unternimmt, um wenigstens in Europa so aktiv zu werden, dass bei den Beitrittsverhandlungen junktimiert wird, dass all jene Länder, die der Europäischen Union beitreten wollen, die Todesstrafe abschaffen müssen.

Das wird noch ein harter Weg sein. So hat zum Beispiel in der Türkei, wo die Todesstrafe nach wie vor aufrecht ist, neulich der türkische Präsident gesagt, das größte Hindernis auf dem Weg des Landes in die Europäische Union sei die Abschaffung der Todesstrafe. – Das muss man sich einmal vorstellen, wie die Todesstrafe in diesem Gesellschafts- und Rechtssystem offensichtlich verwurzelt ist, wenn das als das größte Hindernis bezeichnet wird! Das heißt, da ist noch ein sehr, sehr großer Aufklärungsbedarf vorhanden.

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass ich die Intention dieses Antrages herabwürdige oder verwässere, wenn ich auch noch darauf hinweise, dass in vielen Ländern nicht nur die Todesstrafe nach wie vor existiert, sondern auch ganz grausame Körperstrafen. Diese Körperstrafen gehören meiner Meinung nach genauso geahndet und deren Abschaffung genauso gefordert, denn die Körperstrafen, die es besonders in den arabischen Ländern gibt, führen zu einer Isolierung des Täters beziehungsweise des Opfers, sie sind zutiefst demütigend und auch zutiefst erniedrigend.

Es gibt seit einigen Monaten seitens der UNO eine Kampagne für die Abschaffung der Todesstrafe. Es wurden Unterschriften beim UNO-Generalsekretär eingebracht. Ich hoffe, dass diese Aktion zu einem besseren Ergebnis führt als Aktionen in der Vergangenheit, und vielleicht können wir dieser Aktion noch unsere Forderung oder unser Bestreben anschließen, weltweit auch die Abschaffung der Körperstrafen zu fordern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.05


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