Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 84

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

14.05

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte gleich an diese Kampagne "Moratorium 2000" anschließen und daran erinnern, dass auch 50 000 Menschen in Österreich sich gegen die Todesstrafe ausgesprochen haben und insgesamt weltweit 1,7 Millionen Menschen unterschrieben haben – diese Unterschriften wurden bereits Kofi Annan übergeben –, mit dem Ziel, dass es zu einer weltweiten Abschaffung der Todesstrafe kommt.

Viele unter uns haben diese Kampagne, dieses "Moratorium 2000", selbst unterschrieben, und ich möchte vielleicht einen der prominentesten Unterzeichner hier zitieren, dessen Worte den Bereich sehr gut umfassen und ausleuchten und im Grunde auch unsere gesamte heutige Diskussion. Ich spreche von Herrn Kardinal König, der seine Unterschrift so begründete: "Wer für Menschenrechte eintritt, dem muss auch bewusst sein, dass niemand das Recht hat, einem anderen das Leben zu nehmen."

König sprach sich gegen die Todesstrafe aus, weil darin der Gedanke der Rache mitschwingt, weil die Möglichkeit eines Justizirrtums besteht und weil man heute nach den schrecklichen Ereignissen des Holocaust und des Kommunismus mehr Verständnis für die Menschenrechte habe. – Ich glaube, das umfasst das Thema Todesstrafe sehr, sehr gut und zeigt wirklich das Problem in seiner ganzen Vielfalt auf.

Ich glaube, wir sind auf der halben Wegstrecke angelangt, wenn man sich anschaut, dass sich ungefähr die Hälfte der Länder der Welt dazu bekannt hat, die Todesstrafe abzuschaffen. Und ich möchte genau bei dieser Debatte diejenigen Länder aufzählen, die seit 1990 die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft haben. Es sind Länder in Afrika dabei wie zum Beispiel Angola, Mauritius, Mozambique, Südafrika; in Amerika sind es Kanada und Paraguay, in Asien Hongkong und Nepal und in Europa Armenien und Aserbeidschan.

Die beiden letzten Länder möchte ich besonders hervorstreichen, weil natürlich der Europarat und alle Mitglieder der Versammlung, so auch Österreich, aufgefordert sind, speziell ihr Augenmerk darauf zu lenken, dass die zwei neuen Beitrittsländer Armenien und Aserbeidschan, die vergangene Woche in den Europarat aufgenommen wurden, sozusagen als Vorleistung für ihre Aufnahme die Todesstrafe abgeschafft haben. Ich glaube, das muss hier auch positiv erwähnt werden.

Ich möchte die vielen Aufzählungen nicht mehr wiederholen und ergänzen, aber ich möchte doch noch zu einem wesentlichen Punkt kommen, und zwar in Bezug auf Amerika. Wir alle haben heute gehört, wie hoch die moralischen Ansprüche in Amerika sind und auch von Amerika gegenüber anderen Ländern ausgesprochen werden. Das ist auch richtig so, aber ich glaube, es steht auch kleinen Ländern zu, ihr Unbehagen oder ihre Empörung darüber auszusprechen, dass es in Amerika noch immer die Todesstrafe gibt. Von Frau Kollegin Stoisits wurden zum Beispiel Urteile aufgezeigt, wo es nur einen Zeugen, aber kein Schuldbekenntnis gab und trotzdem das Todesurteil vollstreckt wurde.

Wenn etwa der amerikanische Präsident aus Anlass der Gen-Entschlüsselung sagte: "Heute lernen wir die Sprache des Lebens, in der Gott die Welt erschuf!", dann ist ihm entgegenzuhalten, dass es eine Sprache Gottes gibt, in der es heißt: "Du sollst nicht töten!", die schon viel länger besteht und die wir schon viel länger kennen.

In diesem Sinne wünsche ich mir die Abschaffung der Todesstrafe – in dem Sinne, dass obige Worte auch verstanden werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Posch. )

14.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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