Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 54

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Wahrnehmungsvermögen!) Der Chefredakteur der "Neuen Zürcher Zeitung", Bütler, hat in einer seiner ganz seltenen Kommentare Folgendes ausgesprochen:

"Der Rückzug aus der Sackgasse der Sanktionen, in die sie sich teilweise auf Bitten machtverwöhnter österreichischer Sozialisten im Gefolge des Stockholmer Treffens hastig verrannt hatten. " – Das sagte Bütler.

Also "machtverwöhnte österreichische Sozialisten" hätten gebeten, dass die Europäische Union in die Sackgasse der Sanktionen geht. Das sage nicht ich!

Herr Kollege Gusenbauer! Die Österreicherinnen und Österreicher, die heute via Bildschirm dieser Debatte folgen, würden gerne von Ihnen einmal hören, wie Sie sich dazu stellen, was Sie tun, um diesem Eindruck entgegenzuwirken, wie Sie diesen Vorwurf entkräften können. Es sind folgende Fragen zu klären: Hat Klima bei der Konferenz in Stockholm gesagt: Helft mir gegen diese neue österreichische Regierung!: ja oder nein? (Rufe bei der ÖVP: Ja! – Abg. Ing. Westenthaler: Ja!) Hat sich Klima, als damals von Sanktionen gesprochen wurde, so wie die Italiener vehement gegen die Sanktionen gewehrt, oder hat er gesagt, das würde helfen? (Rufe bei der SPÖ: Nein!) Oder hat Klima gesagt: Diese Sanktionen sind richtig!? (Rufe bei der ÖVP: Ja!) Ich glaube, es wäre wichtig, dass dazu einer von Ihnen ein Wort verlöre.

Weil die Sozialdemokraten immer wieder den Namen "Jacques Chirac" nennen, so darf ich sagen: In Stockholm war nicht Jacques Chirac, sondern Lionel Jospin, und der ist von Ihrer Seite. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Haben Sie mit ihm telefoniert?)

Meine Damen und Herren! Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar. Herr Kollege Gusenbauer, kommen Sie noch einmal heraus, erklären Sie: Wir haben hier Fehler gemacht!, und wir werden alle sagen: Schwamm drüber – aber vorher nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auch an die Grünen: Herr Van der Bellen, ich bitte, dass Sie sich in aller Form von Voggenhuber distanzieren, der die Freiheitlichen am 1. Februar eine "faschistische Partei" genannt hat! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss: Wir werden heute das Experiment beenden, und wir werden die Volksbefragung nicht durchführen. Wir werden keinen Beschluss fassen, dass die Volksbefragung durchgeführt wird, weil das nicht notwendig ist, denn das Volk hat uns unterstützt, die Sanktionen sind weg.

Ich bringe daher einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Khol und Westenthaler betreffend Reform und Erweiterung der Europäischen Union ein. Darin behandeln wir jene Fragen, die wir dem Volk gestellt hätten. Es sind dies Beiträge zur europäischen Verfassungsreform – in dieser Entschließung tragen wir sie der Regierung auf. Ich möchte diese Punkte im Kern nennen.

Wir wollen, dass die Europäische Union eine umfassende Gemeinschaft gleichberechtigter Staaten wird, in der alle Staaten gleiche Rechte und Pflichten haben. Wir wollen, dass die Europäische Union in Zukunft sicherstellt, dass jedes Land seine Regierung auf der Basis demokratischer Wahlen selbst bestimmt. Wir wollen eine klare Aufgabenteilung: Was darf Brüssel? Was ist den Ländern, was ist der staatlichen Souveränität vorbehalten? Wir wollen, dass die europäischen Organe selbst die Grundwerte respektieren und nicht im Namen von Grundwerten Grundwerte verletzen. Wir wollen schließlich die Aufnahme eines rechtsstaatlichen Verfahrens bei behaupteter Verletzung von Grundwerten der Europäischen Union mit richterlicher Kontrolle in den EU-Vertrag.

Bei der Umsetzung dieser Ziele und der Ziele der Präambel unserer Regierungserklärung wollen wir, dass wir allen Bundesministern helfen, diese Ziele zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.32


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