Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 59

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Auf diese Weise Vertrauen in der Europäischen Union zurückzugewinnen, Vertrauen bei all jenen, bei denen wir es in den letzten sieben Monaten und auch davor gründlich verspielt haben, das ist unmöglich!

Hat Böhmdorfer dazugelernt, meine Damen und Herren? – Ich empfehle Ihnen dringend, in der Beziehung den "Standard" vom vergangenen Samstag zu lesen. Das ist ein selbst verfasster Text des Justizministers, kein Interview, und er schreibt hier – wieder bezüglich Haider –: Keinesfalls wurde die strafrechtliche Verfolgung von Oppositionspolitikern oder Regierungskritikern eingefordert.

Das ist die Unwahrheit, Herr Justizminister! Entweder haben Sie es nicht der Mühe wert gefunden, sich zu informieren – das halte ich bei einem Anwalt Ihrer Güte für ausgeschlossen –, oder Sie sagen hier unverfroren die Unwahrheit. Lesen Sie "NEWS" Nr. 21 vom Mai 2000! (Abg. Ing. Westenthaler: Das lesen wir schon lange nicht mehr!) Das ist der Beweis. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Westenthaler, wenn Sie nicht lesen können, sind Sie für dieses Amt ungeeignet. (Abg. Ing. Westenthaler: In "NEWS" war immer schon alles falsch!) Wenn Sie lesen können, dann sagen Sie bewusst die Unwahrheit, wenn Sie sagen, dass diese Äußerungen nicht gefallen sind, dass namentlich Gusenbauer und Voggenhuber nach Meinung Haiders seinerzeit hätten angeklagt – von der Staatsanwaltschaft angeklagt – und eingesperrt werden sollen – das ist der Konjunktiv; eine schwierige Sprache, die deutsche Sprache –, und – zusätzliche Forderung – ihrer Funktion verlustig gehen sollten. Das heißt, das Mandat hätte ihnen aberkannt werden sollen. Aber der Justizminister sagt: Nein, das war ja nie beabsichtigt; und überhaupt, selbst wenn – im Rahmen der Meinungsfreiheit kann man das doch zur Diskussion stellen! (Abg. Hagenhofer: Ein Wahnsinn!)

Der Justizminister versteht immer noch nicht den Unterschied zwischen einer Meinungsfreiheit zu X und der Meinung, dass die Meinungsfreiheit abgeschafft werden soll. Das hat der Justizminister bis heute nicht verstanden, dass die Menschenrechtskonvention ihn bindet, und zwar verpflichtet, verbindlich bindet. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

So einem Minister sprechen Sie Ihr Vertrauen aus! Wir können nur sagen: Wir sprechen diesem Minister unser Misstrauen aus und bitten das Hohe Haus, dem Bundesminister für Justiz im Sinne des Artikel 74 B-VG das Vertrauen zu versagen.

Im Übrigen, Herr Kollege Khol, werden wir Sie beim Wort nehmen: Medienrechtsreformen, Strafrechtsreformen, Zuständigkeiten des Verfassungsgerichtshofs vor allem in Medienangelegenheiten, Unvereinbarkeitsreformen. Ein Richter am Oberlandesgericht, zuständig in Mediensachen, wird von der FPÖ ins ORF-Kuratorium entsandt. Das ist eine klare Unvereinbarkeitssache – ganz offensichtlich! (Abg. Dr. Ofner: Von der Bundesregierung, Herr Kollege! Das sind Ungenauigkeiten!)

Ausgerechnet der Bundesminister für Justiz wäre zuständig, alle diese Reformen voranzutreiben: im Medienrecht, im Strafrecht, im Prozessrecht, bis hin zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs – jener Justizminister, der dieses Vertrauen nicht haben kann!

Im Übrigen zur Geschichte der Maßnahmen und Sanktionen, Herr Kollege Khol – ja, das Gedächtnis! Hin und wieder sollten Sie daran denken: Wer hat denn maßgeblich alle Versuche über die Monate hinweg behindert, zu einer vernünftigen Lösung zu kommen? Wer hat denn vom "Hühnerstall" Europas gesprochen? Wer hat denn ausländische Präsidenten als "Westentaschen-Napoleons" bezeichnet? Wer hat eine ausländische Regierung als "korrupte Bande" bezeichnet? Wer war das denn? – Das war immer der Landeshauptmann von Kärnten. Bis hin zur Idee der Volksbefragung, diesem Schwachsinn, der heute ja wohl in die Mülltonne kommt, nehme ich an. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Direkte Demokratie ist für Sie Schwachsinn?!) Sie werden heute Ihren eigenen Antrag niederzustimmen haben, denn sonst müssten Sie demnächst eine Volksbefragung machen und damit Österreich weiter in die außenpolitische Isolierung treiben. (Abg. Dr. Martin Graf: Die Grünen, die so für die Bürgerrechte sind! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Jetzt zeigen Sie Ihr wahres Gesicht!)


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