Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 66

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(Abg. Dr. Mertel: Wir sind nicht vor Gericht! Das ist kein Gerichtsverfahren!) Sie gehen aus meiner Sicht von einem völlig falschen Sachverhalt aus. Auch wenn Sie mich unterbrechen, wird das nicht anders werden. Ich werde bemüht sein, hier die Dinge klarzustellen. Wenn Sie kein Interesse daran haben, werde ich dies zur Kenntnis nehmen müssen.

Zum Vorwurf der Massenklagen möchte ich Folgendes sagen: Ich habe persönlich überhaupt niemanden geklagt, bevor ich Minister wurde. Und ich habe, nachdem ich Minister wurde, auch keinen einzigen Oppositionspolitiker geklagt. Ich bin allerdings der Meinung, dass ich nicht vogelfrei bin und mich nicht beschimpfen lassen muss. Und ich persönlich setze Beschimpfung mit Kritik nicht gleich. Bitte, mir das zuzugestehen!

Sie können selbst entscheiden; ich nenne Ihnen eine der Klagen, die auch in der Öffentlichkeit sehr bekannt ist, nämlich die Klage gegen Herrn Heller. Ich habe ihm, bevor der Weisenbericht oder der Expertenbericht erschienen ist, gegen bloße Ehrenerklärung angeboten, meine Klage zurückzuziehen. Er hat das nicht getan und nicht gewollt, sondern will, wie ich den Medien entnehme, ein rechtes Spektakel bei Gericht aufziehen. Sie werden dann selbst beurteilen können, wer hier desavouiert wird, wenn er die gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt, und für wen das nicht gilt.

Sie können auch sagen, Kritik ist gleich Beschimpfung oder Beschimpfung ist Kritik. Ich gestehe Ihnen auch zu, dass ich eine Klage gegen ein sozialistisches Medium eingebracht habe, in dem die Worte gefallen sind: "Scheißregierung". Bitte entscheiden Sie selbst, ob derjenige, der "Scheißregierung" sagt, Regierungskritiker oder Regierungsbeschimpfer ist und ob man sich das gefallen lassen muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist nur kein sozialistisches Organ! Wieso lügen Sie schon wieder?)

Dieser Vorwurf im Expertenbericht ... (Abg. Schieder: In welchem SPÖ-Organ war das, in welchem SPÖ-Medium war das?)  – "Linkswende", "Linkswende"! (Abg. Schieder: Es stimmt nicht, dass das ein SPÖ-Medium war! Herr Justizminister, welches Medium war das? – Abg. Haigermoser: Blutdruck, Schieder!) Das ist nach meinen Informationen ein Medium, das die Sozialistische Jugend vertreibt. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist die Unwahrheit!) Ich bitte um Entschuldigung, wenn das nicht richtig sein sollte, ich bin auf Informationen angewiesen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich werde mich sofort erkundigen, ob Sie Recht haben. (Abg. Schieder: Entschuldigen Sie sich!) Gut, okay. (Abg. Dr. Wittmann: Sie nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist der Herr Justizminister! – Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer (fortsetzend): Also den ersten Vorwurf habe ich, glaube ich, widerlegt, Sie geben mir jedenfalls Recht – das entnehme ich Ihrer Reaktion –, dass man sich so nicht beschimpfen lassen muss und dass das keine Kritik ist. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist richtig! Und wieso klagen Sie die SPÖ wegen ... in einer Dringlichen Anfrage? Erklären Sie das auch!) Der erste Vorwurf im Expertenbericht ist damit widerlegt.

Der zweite Vorwurf lautet, dass Bestimmungen des Strafgesetzbuches angewendet werden sollen, um Regierungskritiker zu bestrafen. Das ist nicht richtig! Ich bitte um Verständnis: Die Pressekonferenz, um welche es da geht, hat für mich eine andere zentrale Botschaft gehabt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Herr Dr. Haider hat dort erklärt, dass er möchte, dass das Gelöbnis detaillierter ausgeformt und mit einer Verantwortlichkeit ausgestattet wird, und auf die Frage, wer davon betroffen sein soll, unter anderem geantwortet: Landeshauptleute und Regierungsmitglieder. Und damit war klar, was er im Eigentlichen will. Von einer speziellen, gesonderten strafrechtlichen Verfolgung von Regierungskritikern oder Oppositionspolitikern war also nicht die Rede.

Ich habe immer wieder gesagt, als ich festgestellt habe, dass die Diskussion in eine andere Richtung gegangen ist, dass ich dann anders reagiert hätte. Meine Reaktion war also darauf gerichtet, dass er das Treuegelöbnis mit mehr Verantwortlichkeit ausstatten wollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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