Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 92

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Herr Justizminister der Mandatsnachfolger des Herrn Windholz im Parlament geworden ist. (Abg. Mag. Mainoni: Na und?)

Herr Windholz wird als Landesrat gewählt, macht seinen unsäglichen Spruch, bleibt noch im Parlament, und der Herr Bundesminister übernimmt sein Mandat. (Abg. Gatterer: Das ist aber schon eine starke Unterstellung! – Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. ) Meine Damen und Herren! Daraus konstruiere ich keinen rechtlich relevanten Vorwurf, sondern einen der politischen Optik. (Beifall bei den Grünen.)

Nehmen Sie es bitte zur Kenntnis, und stellen Sie sich die Frage: Ist von einem Mandatsträger, ist von einem Mitglied der Bundesregierung zu erwarten, dass er den, dessen Funktion er im Parlament, wenn auch nur für wenige Tage, übernimmt, kritisieren und sagen wird, dieser Spruch sei rechtlich äußerst problematisch? Glauben Sie das wirklich? – Ich glaube es nicht.

Damit ist auf alle Fälle eine Naheverhältnis gegeben, das der Herr Justizminister auf der politischen Ebene gar nicht bestreitet. Er ist auf der Liste der niederösterreichischen FPÖ gewählt worden. Das alleine, meine Damen und Herren, würde mich nicht veranlassen, hier zu reden. Aber die Geschichte geht weiter.

14 Tage Schweigen des Herrn Justizministers in der Causa Windholz. Aber dann geht Herr Schlingensief in Wien mit seinem Container vor die Oper und macht einen Spruch, der auch heißt, unsere Ehre heißt Treue, so wie ihn Herr Windholz getätigt hat, in parodistischer Absicht nach – natürlich in provokativer Absicht. Ich will mich nicht zu der Container-Aktion des Herrn Schlingensief äußern und mich näher damit beschäftigen. Aber von Interesse ist in diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, dass ab dem Moment, ab dem Herr Schlingensief neben der Oper auf die Situation von Asylsuchenden, auf den Konnex mit der FPÖ aufmerksam gemacht hat, der Herr Justizminister rege wird. Er versucht, Aktivitäten zu setzen. Brief an den Bürgermeister der Stadt Wien: Könnte man nicht etwas machen, oder es wäre vielleicht für die Gemeinde notwendig, etwas zu überprüfen. – Diese Aktivitäten sind dokumentiert.

Dann, am 16., als der Spruch des Herrn Schlingensief am Vortag publiziert wurde, greift der Herr Justizminister höchstpersönlich zum Telefon – höchstpersönlich, nicht der Pressesprecher des Herrn Justizministers –, und der Herr Justizminister informiert einige Redakteure darüber, dass ab jetzt gegen Herrn Schlingensief ermittelt wird – nicht gegen Herrn Windholz, gegen Herrn Schlingensief wegen des Verdachts der nationalsozialistischen Wiederbetätigung.

Das ist die Erklärung gewesen, und das hat mich dazu veranlasst, an Sie, Herr Justizminister, eine Anfrage zu stellen. Haben Sie in der Causa Schlingensief gegenüber der Staatsanwaltschaft irgendwelche Absichten geäußert, dass gegen Herrn Schlingensief vorgegangen wird? – Sie haben geantwortet: Nein, in keiner Weise.

Ich habe zunächst die Anfragebeantwortung zur Kenntnis genommen und mich dann noch einmal vertieft. Siehe da, es findet sich ein Interview mit Ihnen in der Tageszeitung "Die Presse" vom 17. Juni. Dort haben Sie auch am Vortag in der Redaktion angerufen, so wie beim "Standard", so wie – ich denke – bei "NEWS" und einigen anderen Zeitschriften, und haben gegenüber der "Presse" erklärt: Böhmdorfer betonte im Gespräch mit "Der Presse", nachdem in den vergangenen Tagen mehrfach der Vorwurf der Untätigkeit erhoben worden ist – Zitat –: ",Das Justizministerium wird keinen Zipfel des Rechtsstaates preisgeben.‘" – Zitatende. "Er habe die Staatsanwaltschaft angewiesen" – angewiesen, Herr Justizminister! –, "im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Maßnahmen gegen die Container-Aktivisten zu prüfen."

Herr Justizminister! Das ist ein Widerspruch. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Herr Kollege Jung! Nehmen Sie zur Kenntnis, dass der Herr Justizminister in der parlamentarischen Anfragebeantwortung gesagt hat, er habe keinen Schritt gegenüber der Staatsanwaltschaft gesetzt, habe keine Äußerung gegenüber der Staatsanwaltschaft getätigt, dass gegen Herrn Schlingensief ermittelt werden soll. Er hat auch gegenüber anderen Journalisten beziehungsweise in der Anfragebeantwortung noch gesagt, dass die Staatsanwaltschaft von sich aus tätig geworden ist. Da steht aber: Ich habe angewiesen, ich als Justizminister.


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