Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 130

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich glaube auch, dass es ungerecht wäre, hier davon zu reden, es sollten diese Studiengebühren nicht eingehoben werden, aber auf der anderen Seite Bedarfsbeschränkungen zu machen, wie etwa in der Bundesrepublik Deutschland, wo es solche Studiengebühren nicht gibt, allerdings einen Numerus clausus, Prüfungen und eine entsprechende Senkung der Ausbildung, die in manchen Berufsgruppen bis zu 10 Prozent unter dem Niveau liegt, das die Volkswirtschaft braucht.

Wir haben in Österreich nach wie vor den Zugang zu den Bildungseinrichtungen für alle. Wir Freiheitlichen und die Vertreter der Bundesregierung beider Parteien werden dafür sorgen, dass das System der Stipendien sozial gerecht und gestaffelt wird, dass das, was wir seit 30 Jahren kennen, seit jener Zeit, als ich noch studiert habe, was bis heute unverändert geblieben ist, dass jene, die bilanzieren und es sich beim Einkommen in entsprechender Form richten können, Stipendien bekommen und jene, die aus den "kleinen" Arbeitnehmerkreisen kommen, weil sie einige hundert Schilling zu viel verdienen, keine Stipendien bekommen, geändert wird.

Wir werden auch dafür sorgen, dass bei den Leistungsstipendien eine deutliche Verbesserung kommt. Sie haben 30 Jahre Zeit gehabt. Sie haben uns 2 000 Milliarden Schilling Schulden hinterlassen, aber Sie haben uns kein soziales Stipendiensystem an den Universitäten hinterlassen, auch Sie nicht, Herr Einem, der Sie ressortführend für diesen Bereich zuständig waren.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich glaube daher, es wäre gut für Sie, sich gemeinsam mit den Regierungsparteien zusammenzusetzen, um die soziale Symmetrie unter diesen neuen Rahmenbedingungen für alle in diesem Staat abzusichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Die Uhr ist auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

16.38

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler, Sie haben vorhin gesagt, dass Sie Kosten- und Gebührenkomponenten bei der Finanzierung öffentlicher Leistungen im Sinne der Kostenwahrheit für etwas grundsätzlich Positives halten. Da muss ich sagen, da wundern mich aber dann Ihre parlamentarischen Anfragebeantwortungen. Sie haben mir am 6. September 2000 auf meine Frage nach einer geschlechtsspezifischen staatlichen Kostenrechnung mitgeteilt, dass Sie das als eine Form der Entsolidarisierung ablehnen.

Ich habe etwa nach den Kosten im Straßenverkehr gefragt – weil Sie gesagt haben, es gebe keinen Zusammenhang –, und zwar Kosten verursacht durch notorische, unbelehrbare Raser – zu über 90 Prozent Männer. Ich habe auch nach Kosten gefragt, die Waffennarren in dieser Gesellschaft anrichten, nach Kosten durch Tierquälerei, die so genannte Killerhundproblematik – alles überwiegend Männerprobleme. Und der Bundeskanzler sagt, nein, das möchte er nicht, er will die Solidarität. Herr Bundeskanzler! Ich sage jetzt vielleicht etwas sarkastisch: Gilt Ihre Solidarität den Waffennarren, den Tierquälern und den notorischen Rasern, nicht aber den Studierenden? (Abg. Dr. Brinek: Mein Gott!)

Frau Brinek! Hier steht eine sehr ernste Frage dahinter: Was sind öffentliche Leistungen? Wenn wir etwa der Meinung sind, die Kosten für die Überwachung des Straßenverkehrs sollen von jenen aufgebracht werden, die Übertretungen verursachen, dann sollte man das tun. Aber Sie kennen diese Form der Kostenverursachung, und die hat einen ganz klaren Zweck, nämlich den offenen Universitätszugang zu verengen, zu schließen und eine soziale Selektion durchzuführen. Das ist die klare Intention, und die lehnen wir ab. (Beifall bei den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat auch gesagt, die Gesellschaft investiere in die Unis und damit in die Studierenden. Ich sehe das eher umgekehrt: Die Studierenden investieren in die Gesellschaft. Sie investieren ihre Zeit, ihre Mühe, ihr Risiko und auch ihr Geld. Herr Bundeskanzler! Sie sagten, Sie seien Ökonom. Ich bin auch Ökonomin. Die Opportunitätskosten für Studierende – das ist das, worauf sie dadurch verzichten, dass sie nicht gleich in den Job gehen – betragen


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite