Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 163

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"Anders sieht es in Österreich aus. Dort gilt die deutsche Burschenschaft derzeit als Sprungbrett für ein Parteiamt bei den Freiheitlichen oder gar in den Nationalrat. Wer sich unter Burschen bewährt, lobt Nationalratsmitglied Graf, der schafft es auch in der Politik." (Zwischenruf des Abg. Jung. )

Jetzt hat es mich einmal interessiert, was ist diese Burschenschaft, der Kollege Graf angehört, und ich habe mir ein Einladungsflugblatt zu einem geselligen Abend beschafft. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich lese aus diesem Einladungsflugblatt zum geselligen Abend. (Oh-Ruf bei den Freiheitlichen.)

Die Burschenschaft "Olympia" des Abgeordneten Graf bietet: "Jede Menge Sturm und Bier, solang die Kehle kann. Musikberieselung ohne den geringsten Anspruch auf Botschaft und Kunst. Spaß mit rassistischen oder wenigstens unappetitlichen Männerwitzen. Vitamin- und ballaststoffarme Hausmannskost, fett und füllend. Entspannend oberflächliche Unterhaltung unreflektierter Vorurteile voll. Selbstlob, Schulterklopfen, Lebensfreude. Kein Mitgefühl mit Würmern. Niveauvolles Geplauder, zwar akademisch, doch mit Herz." (Abg. Dr. Martin Graf: Wissen Sie, was Kabarett ist?)

"Fazit: Förderung der psychosozialen Gesundheit. Wir sind normal geblieben unter dem Schutt der Zeit. An uns sind Umerziehung, Trauerarbeit und Betroffenheit, doch auch Konsum, soziale Dünkel und Moderne fast spurlos vorübergegangen."

Zum Schluss. "Bist Du hässlich, fett, krank oder fremd im Lande oder hast Du eine Freundin mit, die weder schön noch still ist, dann bleibe lieber zu Hause! Du würdest sowieso nicht eingelassen werden." (Ruf bei der SPÖ: Wahnsinn! – Abg. Dietachmayr: Pfui!)  – Das ist die politische Kultur des Abgeordneten Dr. Graf! (Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt rechtfertigt das noch lange kein Eingreifen des Justizministers, werden Sie mir sagen, und ich sage: Selbstverständlich haben Sie Recht. In drei anderen Parteien, nehme ich an, würde es ein parteiinternes Eingreifen rechtfertigen, in der Freiheitlichen Partei selbstverständlich nicht.

Herr Abgeordneter Graf äußert sich aber auch europapolitisch und erklärt: Die heutigen Staatsgrenzen wurden willkürlich gezogen. Das deutsche Volkstum muss sich frei in Europa entfalten können. – Vor 1945 war das das Herzensanliegen der NSDAP, nach 1945 bis heute ist das das Herzensanliegen der deutschnationalen extremen Rechten. (Abg. Dietachmayr: Unfassbar!) Herr Abgeordneter Graf ist wahrscheinlich der prononcierteste Vertreter der deutsch-nationalen extremen Rechten in diesem Haus.

Ich weiß nicht, ob bei solchen Äußerungen ein Einschreiten des Justizministers oder des Ministeriums notwendig ist. Im Zweifelsfalle plädiere ich trotz allem aber immer für Meinungs- und Redefreiheit, auch wenn manchmal unappetitliche Sachen herauskommen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ha, ha, ha!) Ich frage mich nur, wie vor dem Hintergrund solcher Äußerungen der Hinweis auf die Regierungsbank verstanden wird, dass die Europäische Union oder zumindest ihre Sachverständigen eine Partei als radikal und extrem populistisch bezeichnen, und jetzt langsam klar wird, was damit gemeint ist.

Jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Justizminister. (Ruf bei den Freiheitlichen: Redezeit!) Da das die politische Kultur derer ist, die Sie in diese Regierung gebracht haben und die offensichtlich auch Ihre Mentoren sind – der Unterschied zwischen Martin Graf und Jörg Haider gerade anhand solcher Zitate kann bis heute nicht wirklich klar gemacht werden; das ist ein und dieselbe Suppe, auf der Sie als politischer Schnittlauch Ihr Amt versehen (Ruf bei den Freiheitlichen: Ungeheuerlich!)  –, komme ich, Herr Justizminister, zu drei weiteren Punkten:

Wie sind Sie wirklich umgegangen mit Sprüchen, die in die Nähe der Wiederbetätigung kamen? – Wir haben bereits darüber diskutiert. Sie haben keine Antwort gegeben.

Was ist, wenn ein freiheitlicher Funktionär erklärt: "Meine Ehre heißt Treue!" und zufällig den Führerdolch zu Hause vergessen hat? – Nichts! Verständnis. Aber wenn ein Regisseur das dann paraphrasiert, dann tritt der freiheitliche Justizminister auf und sagt: Alle Härte der Justiz!


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