Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 219

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grenzen gab! Warum also erstmals zu Lasten der Frauen ein nicht systemimmanentes Instrument einsetzen?

Da müssten Sie genauso bei den Familienbeihilfen irgendwelche Grenzen einziehen, und da hat meiner Meinung nach die ÖVP immer zu Recht nein gesagt. Warum also geben da offenbar die ÖVP-Frauen nach, wenn es jetzt zu Lasten der Frauen geht? – Ich verstehe das nicht.

Außerdem wird das genau die qualifizierten Frauen treffen, meine Damen und Herren, also die Frauen, die wir eigentlich ermutigen, begünstigen und auch als Vorbild zeigen wollen, oder die Alleinverdienerinnen, die gar keine andere Option haben, als weiter berufstätig zu sein. Warum eine Frau, die beispielsweise 15 000 S selbst verdient und Kinderbetreuung braucht und will, kein Karenzgeld, kein Kinderbetreuungsgeld bekommen soll, verstehe ich nicht. (Abg. Dr. Brinek: O ja! Soll sie auch!) Das verstehe ich nicht. Es ist aber in den Modellen so drinnen, und das ist unbegreiflich. (Beifall bei den Grünen.) Ich glaube auch nicht, dass das verfassungskonform zu lösen ist.

Ein Weiteres: Ich denke, wenn es ein Ziel ist – und das ist hier im Bericht drinnen –, auch die Männer an ihre Verantwortung für die Privatsphäre, für Kinder, für den Haushalt, für die Reproduktionsarbeit zu erinnern, warum bleibt dann etwa ein Anspruch eines Kindes gegen den Vater außer Betracht? Besteht Anspruch nur gegen die Mutter? – Das ist rechtlich nicht nachzuvollziehen! Ich glaube, dass es auch nicht verfassungskonform ist.

Ein Weiteres betrifft die Mittelverteilung. Sie sind offenbar bereit, mit dieser Kinderbetreuungsregelung in etwa 8 Milliarden zusätzlich ausgabenseitig zu bewegen. (Abg. Dr. Mertel: Zusätzlich!) Ich weiß nicht, ob das tatsächlich geschehen wird. Aber eines ist sonnenklar: Die Möglichkeit, zusätzliche Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen – nämlich wirklich gute, qualitätsgesicherte, den jeweiligen Bedürfnissen der Eltern der Kinder entsprechende –, ist damit gleich null, und zwar mit absoluter Sicherheit.

Frau Kollegin Brinek! Die bisher ohnehin nur bescheidene Finanzierung von zweimal 600 Millionen aus Bundesmitteln für zusätzliche Kinderbetreuungseinrichtungen ist ratzeputz ausgeschöpft! Dort ist null vorhanden, und die zusätzliche Finanzierung bisher, in den jetzigen Entwürfen, ist auch null. Das heißt aber, dass das Defizit, das auch von der EU immer wieder moniert wird – Österreich tut zu wenig, vor allem für die Kinder unter drei und für die Kinder von sechs bis zehn Jahren, das heißt, die Volksschulkinder; hier wissen wir, dass es gewaltige Defizite gibt, und auch bei den ... (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Kinder unter drei sollten zweckmäßigerweise bei der Familie sein!)

Aha, hier kommt wieder die sonderpädagogische Meinung der Freiheitlichen! Sie widerspricht all dem, was wir wissen. Und vor allem – vielleicht meldet sich doch noch eine ÖVP-Frau zu Wort, wenn hier die männlichen Kinderbetreuungsexperten ihre gewichtige Meinung einbringen und damit auch die Frauen de facto an den Herd verbannen –: Ich wehre mich dagegen, und ich finde es eine unglaubliche Impertinenz, immer zu unterstellen (Beifall bei den Grünen), dass Frauen, die einen Beruf weiter ausüben und Kinder betreuen, nichts zu tun haben mit der Arbeit für Kinder und im Haushalt. Stellen Sie sich vor, es gibt Doppel- und Dreifachbelastungen, und die Frauen nehmen sie wahr! Und sie werden von dieser Gesellschaft dafür diskriminiert und ungleich behandelt! Das ist der Skandal! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber auch berufstätige Eltern nehmen ihre Verpflichtung wahr und kümmern sich um ihre Kinder. Es ist für Kinder das beste und förderlichste Modell, abgestimmt auf das Alter des Kindes und auf die Bedürfnisse der Eltern, vor allem der Mütter, eine zeitliche Betreuungslösung zu finden. Wir wissen aus allen Studien, dass die Kinder, die frühzeitig Gelegenheit haben, mit anderen Kindern in Kleingruppen in Kontakt zu kommen, das wesentlich bessere Sozialverhalten lernen – klar, auch das muss gelernt werden! –, dass sie weit weniger Gefahr laufen, durch eine Verengung der Sozialbeziehungen, vielleicht auch durch schlechte Familienverhältnisse, zu Schaden zu kommen, und insgesamt, dass es der Entwicklung von Kindern sehr, sehr förderlich ist.


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