Meine Damen und Herren! Sie stellen sich in die öffentliche Debatte und behaupten, es werde zu viel ausgegeben! Wohin soll die Reise gehen, Herr Abgeordneter Khol? Wohin soll die Reise gehen? – Sagen Sie doch: Sind Sie zufrieden, wenn wir auf 20 Prozent des BIP für Sozialausgaben sind, sind Sie zufrieden, wenn wir bei 15 Prozent gelandet sind, oder ist Ihnen das dann auch noch zu viel? – Sagen Sie doch, was Sie wollen!
Und jetzt komme ich zu diesem Bericht und zur sozialen Treffsicherheit. Sagt der Bericht der Experten für soziale Treffsicherheit, wohin die Reise gehen soll? – Nein. Sagt er, was er will, welches Sozialsystem wir in Österreich haben sollen? – Nein. Sagt, er, dass es gut ist, wenn man für die Integration von armen, schwachen, einkommensschwachen Personen in ein Sozialsystem eintritt? – Nein. Sagt er, dass Ausgrenzung gut ist? – Sagt er auch nicht. Aber in der Praxis, meine Damen und Herren, läuft Ihre Politik, die Politik der neuen Bundesregierung, im Unterschied zum Sozialstaat der siebziger und achtziger Jahre – ich spreche da schon weniger von den neunziger Jahren – ganz klar auf Ausgrenzung, Abgrenzung und auf Angriff auf die sozial Schwachen, auf die Arbeitslosen hinaus. Das ist Ihre Ansage für die Zukunft! (Beifall bei den Grünen.)
Und deutlicher als in diesem Paket für die soziale Treffsicherheit kann es ja nicht mehr gesagt werden. Wo ist denn, bitte, Ihre Liebe für die Familie? Die Familienpartei ÖVP! Die Familienpartei ÖVP will, dass, wenn jemand arbeitslos ist und Familienzuschläge erhält, weil das Arbeitslosengeld, Herr Kollege Stummvoll, im Unterschied zu Ihrem und meinem Einkommen nicht so hoch ist, dass man auf Familienzuschläge verzichten kann, zusammen mit der FPÖ – das haben Sie ja deutlich bestätigt – die Familienzuschläge bei Arbeitslosen kürzen. Die kriegen zu viel Familiengeld!
Meine Damen und Herren! Was waren denn das in den letzten Monaten im Allgemeinen für Ansagen zur Familienpolitik von Ihrer Seite? Offensichtlich sollen diejenigen etwas kriegen, die bisher schon genug hatten. Aber diejenigen, die bisher schon zu wenig hatten, sollen weniger bekommen. – Das ist Ihre Antwort, und das ist Ihre Familienpolitik, meine Damen und Herren von der so genannten christlichen Familienpartei! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Weniger, deutlich weniger an Familienzuschlägen für Arbeitslose – das ist Ihre Antwort.
Aber, meine Damen und Herren, sind das die Gruppen, denen es zu gut geht? Sind das wirklich jene, denen es zu gut geht? Wissen Sie, was es heißt, mit einer Notstandshilfe von 5 000 S, 6 000 S oder 7 000 S leben zu müssen? Ich denke, der Kollege Feurstein kennt die Zahlen. Er weiß, wie hoch die durchschnittliche "Arbeitslose", wie hoch die durchschnittliche Notstandshilfe ist; das wird ja im Sozialbericht beschrieben. Und die Ausgaben aus der Arbeitslosenversicherung werden zu den treffsichersten Ausgaben gezählt. Da wird derzeit tatsächlich denen gegeben, die im untersten Einkommenszehntel sind. Die erhalten das meiste aus der Arbeitslosenversicherung – derzeit noch, denn das wird sich durch Ihre Politik ändern, meine Damen und Herren. Das wird sich durch Ihre Politik ändern!
Sie wissen, dass Österreich im internationalen Vergleich keine hohen Gelder für Arbeitslose zahlt. Die Ersatzraten sind in Österreich niedrig, das wissen Sie. Und trotzdem gehen Sie her und streichen dort, wo die Leute das Geld am dringendsten nötig haben: bei jenen Arbeitslosen, die nicht nur sich selbst, sondern auch Familien zu versorgen haben.
Und darüber hinaus gibt es natürlich Maßnahmen, die jenen, die bisher schon keinen Anspruch auf Notstandshilfe hatten, in Zukunft das Leben noch schwerer machen. Und damit bin ich beim Thema Mitversicherung.
Der Expertenbericht stellt zum Thema Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung abschließend fest: Lassen wir die Finger davon. – Ich wiederhole: Lassen wir die Finger davon!
Ich zitiere: Angesichts der Komplexität des Themas wurde innerhalb der Arbeitsgruppe auch erwogen, den Standpunkt zu vertreten, dass das Problem so komplex sei, dass keine befriedigende Lösung gefunden werden könnte, weshalb ein Festhalten an der geltenden Rechtslage empfohlen werde. "Redliches Scheitern" nennt Herr Dr. Mazal diese Haltung der Arbeitsgruppe. – Was Sie machen, ist unredliches Bemühen – unredliches Bemühen, jene zu treffen, die schon bisher am Rand gestanden sind.