Frau Sickl, Sie meinen also, es ist treffsicher, menschliches Leid von Arbeitsunfallopfern zusätzlich zu besteuern. Ich gebe Ihnen einen Rat: Schauen Sie im Duden nach, was unter Harmonisierung, unter Harmonie zu verstehen ist! Ich habe gesagt, Sie werden einen solchen sozialen Bericht wie den zur Diskussion stehenden nicht vorlegen können, weil Ihnen jede soziale Gesinnung fehlt, Frau Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)
Lassen Sie mich Ihnen aus dem Maßnahmenpaket, das am Dienstag im Ministerrat beschlossen worden ist, an Hand von zwei Beispielen vor Augen führen, was Sie hier beschlossen haben.
Kürzung der Familienzuschläge von 663 auf 400 S und Deckelung der Nettoersatzrate von bisher 80 auf 75 Prozent. Vorweg gesagt: Es trifft in erster Linie alleinverdienende Arbeitslose mit Kindern und insbesondere alleinerziehende Frauen mit mehreren Kindern.
Beispiele dazu: Eine Alleinerzieherin mit drei Kindern, die bisher inklusive drei Familienzuschläge 5 700 S Arbeitslosengeld erhalten hat – sie hat einmal ein Bruttoeinkommen von 7 700 S gehabt –, bekommt in Zukunft nur mehr 4 900 S.
Ein zweites Beispiel: Ein alleinverdienender Arbeitsloser mit Ehepartner und drei Kindern – Sie werden mir Recht geben, dass eine Mutter mit drei Kindern nur schwer arbeiten gehen kann – hat bisher vier Familienzuschläge bekommen, insgesamt 12 500 S. Er hat ein letztes Arbeitsverdiensteinkommen von 25 000 S brutto gehabt – das ist ohnehin schon gut bezahlt in der Wirtschaft – und bekommt in Zukunft 11 400 S. (Abg. Riepl: Das ist unsozial!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsparteien! Sie haben wahrscheinlich den Bericht der Experten nicht ganz gelesen. Der Expertenbericht, der diese Kürzungsmöglichkeit zwar aufgelistet hat, verweist auch ausdrücklich auf die Bedenklichkeit einer solchen Maßnahme aus armutspräventiver Sicht. – Nachzulesen unter Punkt 5.3.6, letzter Absatz des Berichtes.
Weitere Beispiele: In Zukunft Sperre der Leistung für vier Wochen auch bei einvernehmlicher Auflösung oder bei Lösung durch Zeitablauf bei einem Arbeitsverhältnis. Ich sage einmal grundsätzlich, dass davon 430 000 Menschen betroffen sind. Zeigen Sie mir einen einzigen Dienstnehmer, der von Haus aus Interesse daran hat, in ein befristetes Arbeitsverhältnis einzutreten! Ich kenne eigentlich niemanden, aber vielleicht gibt es eine Hand voll, Kollege Feurstein, weil du mich so ernst ansiehst. Das heißt, wir treffen hier in erster Linie Saisonbeschäftigte, Bauarbeiter und im Fremdenverkehr Beschäftigte.
Und nun ein ganz interessantes Beispiel aus der Praxis: Einer als Arbeit suchend vorgemerkten Sekretärin wird eine Stelle als Karenzaushilfe angeboten – natürlich ein befristeter Arbeitsvertrag. Herr Ex-Generalsekretär der Bundeswirtschaftskammer! Nennen Sie mir einen Dienstgeber, der, wenn er eine Karenzaushilfe aufnimmt, diese auch nur einen Tag länger beschäftigt, wenn die karenzierte Kraft wieder da ist! Lehnt die Betreffende diese Arbeitsstelle ab, erhält sie gemäß § 10 Arbeitslosenversicherung für sechs Wochen kein Arbeitslosengeld. Nimmt Sie diese Stelle jedoch an und wird der Arbeitsvertrag nach Rückkehr der zu vertretenden Kollegin aus dem Karenzurlaub erwartungsgemäß nicht mehr verlängert, erhält sie dann ebenfalls eine Sperre, nämlich die vier Wochen, weil die Zeit ja befristet ist. (Rufe bei der SPÖ: Ungeheuerlich! Ein Skandal!)
Nun haben auch die Experten in diesem Bericht etwas dazu gesagt. Was sagen die Experten? – Anzumerken ist, dass der Expertenbericht ausdrücklich darauf verweist, dass die Selbstauflösung eines Arbeitsverhältnisses nicht mit Arbeitsunwilligkeit gleichzusetzen ist – nachzulesen unter Punkt 5.6.3 auf Seite 46, Kollege Feurstein – und Sanktionen auch den Verschuldensgrad mit zu berücksichtigen haben. – Auf Seite 46 nachzulesen. – Gerade bei Zeitablauf, aber auch bei der einvernehmlichen Lösung soll im Gegensatz dazu aber eine Bestrafung ohne Verschulden geschaffen werden.
Und jetzt weiß ich nicht, meine Herren Abgeordneten des ÖAAB, Herr Sozialsprecher Feurstein – der Führer der Mini-Gewerkschaft Gaugg ist jetzt nicht anwesend. (Rufe: Da ist er!) Ach; da ist er ja! Gestern war in der Zeitung "Die Presse" über die Klubtagung zu lesen, wie der