Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 39. Sitzung / Seite 14

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In diesem Zusammenhang muss ich Ihnen Recht geben: Wozu brauchen wir eigentlich überhaupt diesen Menschenrechtsbericht (Abg. Großruck: Für Sie wär’ gescheiter der Hilflosen-Bericht!), wenn in einer Situation, in der Künstler, Journalisten, Politiker, einfache Bürger nur deswegen, weil die Freiheitliche Partei gerne wissen möchte, ob in Gemeindebauten Ausländer leben, systematisch bespitzelt werden und der Polizeicomputer zu einem Informations-Selbstbedienungsladen einer Fraktion gemacht wird? (Abg. Schwarzenberger: Wie war das in der Steiermark? In Graz? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Gegenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Gerade in einer solchen Zeit muss man über Menschenrechte reden! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wozu soll man über Menschenrechte reden – so offensichtlich die Position der ÖVP –, wenn der Redaktionscomputer des größten Nachrichtenkonzerns in Österreich, des ORF, als Interventionsbasis der zweitgrößten Fraktion dieses Hauses verwendet wird? Was soll man da über die Menschenrechte reden? Meinungsfreiheit ist ja offensichtlich verfassungsgesetzlich in Ihrem Bewusstsein gar nicht garantiert. Wozu also eine Diskussion über Menschenrechte?, meinen Sie daher. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Sie werden es ja gleich hören, denn Kollege Westenthaler wird nach mir herauskommen, und er wird auch hier sicherlich das erklären, was er gestern vollmundig den Medien gegenüber erklärt hat: dass letztendlich die Luft heraußen ist und dass es keinen Spitzelskandal gibt. Ich frage Sie: Warum untersucht dann das Innenministerium? 150 Opfer und sieben Täter! (Abg. Rosemarie Bauer: Alles unter Schlögl!) Und, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen: In wenigen Tagen werden Sie sich damit zu beschäftigen haben, dass Sie nachgewiesen bekommen werden, dass unter diesen sieben Tätern mehrheitlich Funktionäre Ihrer Fraktion sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Puttinger  – in Richtung SPÖ –: Ihr habt 40 Jahre lang nicht kontrolliert!)

Wir sind der Meinung, dass in dieser Situation erstens einmal die Bundesregierung nicht nur sofort an einem Menschenrechtsbericht arbeiten und einen solchen dem Plenum des Nationalrates vorlegen sollte, sondern dass es auch notwendig ist, über die Menschenrechtssituation in Österreich jetzt, hier und heute zu diskutieren, und zwar deswegen, weil eine Fraktion dieses Hauses systematisch die Privatsphäre, Artikel 8 MRK, Meinungsfreiheit, und andere Grundrechte des Bürgers nachhaltig schädigt. – Meine Damen und Herren, das ist das Ziel! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Herr Kollege Westenthaler, was immer Sie nachher sagen, bedenken Sie eines (Abg. Haigermoser: Aber sagen darf er schon etwas!): Herr Bundesminister Strasser hat gestern nicht erklärt, dass über den FPÖ-Spitzelskandal die Akten geschlossen wurden, sondern er hat gesagt, dass man am Beginn eines Aufklärungsprozesses stehe, dass eine Unmenge von Daten zu kontrollieren sein wird, und weiters: dass sich der Kreis der untersuchten Täter und Opfer ständig erweitert. – Da ist nichts von einem "Die-Luft-ist-Heraußen!", da ist keine Rede vom "Ende" eines Spitzelskandals! Wir stehen erst an einem Anfang – und das ist Gegenstand der Debatte des Nationalrates, wenn Sie ihn ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Puttinger: 40 Jahre lang habt ihr nichts untersucht dort! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Daher meine Aufforderung, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Stimmen Sie dem Antrag, der jetzt gestellt wird, zu! – Wir werden das jedenfalls tun. Und zweitens: Stimmen Sie der Einsetzung eines diesbezüglichen Untersuchungsausschusses zu!

Wer unter diesen Voraussetzungen einen solchen Untersuchungsausschuss nicht akzeptiert, der hat Dinge zu verbergen – so (in Richtung Freiheitliche) wie Sie. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. Redezeit: 5 Minuten.


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